Medien

Wirtschaft und Management

Wie kann die digitale Transformation in der Fernsehbranche gelingen?

von Elena Dengler (B.A.), Dr. Martin Schneider, am 30.11.2017

Die TV-Branche und damit auch das lineare Fernsehen stehen vor einem tiefgreifenden Umbruch, die Digitalisierung führt zu einem intensiven Wettbewerb. Elena Dengler hat an der Hochschule Fresenius, Fachbereich Wirtschaft & Medien, ihre Bachelorarbeit im Fach Media- and Communication Management (B.A.) zum Thema „Digitale Transformation eines TV-Senders – Entwicklung von Bewertungsmaßstäben zum Wirtschaftlichkeitsvergleich von Bewegtbildangeboten am Beispiel von Super RTL“ geschrieben. Betreut wurde sie dabei von Dr. Martin Schneider, Lehrbeauftragter an der Hochschule Fresenius und Leiter Controlling, Finanz & Rechnungswesen bei der RTL Disney Fernsehen GmbH & CO. KG.

Das lineare Fernsehen ist in einem fortgeschrittenen Zustand des Produktlebenszyklus. Die TV-Branche steht heute vor einem tiefgreifenden Umbruch. Die Digitalisierung führt insgesamt zu einer Fragmentierung des Marktes und zu einer Intensivierung des Wettbewerbes. Neben den etablierten gebühren- und werbefinanzierten Sendern, die die klassischen Übertragungswege nutzen und schwerpunktmäßig auf linearen TV-Konsum ausgerichtet sind, drängen Anbieter von sogenannten Video-On-Demand-Plattformen (VOD) wie z.B. Netflix über neue Übertragungswege auf Basis der Internettechnologie in den Markt für Bewegtbildinhalte vor. Klassische Fernsehsender stehen vor der Herausforderung, ihr Geschäftsmodell zu transformieren, d.h. Videoinhalte über neue Übertragungswege auf neue Endgeräten wie z.B. Smartphones und Tablets zu senden. Die neuen internetbasierten Übertragungswege können genutzt werden, um neben dem linearen TV-Signal ein non-lineares VOD-Angebot im Markt zu positionieren und so die Nachfrage nach zeitversetzter mobiler Nutzung zu bedienen.

Lieber werbefinanziert oder von Abonnenten bezahlt?

Grundsätzlich stehen die Betreiber von VOD-Plattformen heute vor der Entscheidung, ob sie ein werbefinanziertes oder ein auf Beiträgen basierendes Geschäftsmodell betreiben wollen. Während man bei dem kostenlosen werbefinanzierten Modell von Advertising-based-Video-on-Demand (AVOD) spricht, bezeichnet man das Abonnementmodell hingegen als Subscription-Video-On-Demand (SVOD). In beiden Fällen kann ein festgelegtes Bewegtbildangebot uneingeschränkt abgerufen werden. Der wesentliche Unterschied zwischen AVOD und SVOD ist aus Kundensicht, dass das AVOD-Angebot in der Regel kostenlos ist und sich über Werbung finanziert. Demgegenüber muss der Kunde bei einem SVOD-Angebot einen gewissen Preis für das Abonnement bezahlen.

Eine weitere Form der Finanzierung ist das sogenannte Transactional-Video-On-Demand (TVOD). TVOD steht für das Pay-per-View-Prinzip, d.h. Kunden leihen sich ein Video und zahlen jedes Mal einzeln für einen begrenzten Zeitraum. Demgegenüber kauft der Kunde in der Variante des Electronic Sell Through (EST), die oftmals auch als Download-to-own (DTO) bezeichnet wird, ein zeitlich uneingeschränktes  Nutzungsrecht.

Sobald ein Video-Angebot nicht mehr kostenlos ist, sinkt die Reichweite

Problematisch ist der typische Trade-Off zwischen kostenlosen und zahlungspflichtigen Angeboten im Hinblick auf die Reichweite des Angebotes im Zuschauermarkt. Sobald ein Video-Angebot nicht mehr kostenlos ist, sinkt die Reichweite, weil Zuschauer durch die Bezahlschranke am Konsum der Inhalte gehindert werden. Dies ist insofern problematisch, da Reichweite der Schlüssel für eine erfolgreiche Werbevermarktung ist. Umgekehrt besteht der Trade-Off ebenfalls, d.h. die Zahlungsbereitschaft der Kunden steigt, wenn sich der Werbeanteil reduziert. Sicherlich ist das Kriterium Werbefreiheit nicht das einzige Kriterium, das Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft des Kunden hat. Die Zahlungsbereitschaft wird von einer Vielzahl an Parametern beeinflusst. Faktoren wie z.B. das Content-Angebot, die Wiedergabequalität, die Bedienbarkeit oder die technische Funktionalität stehen in einem engen Zusammenhang zur Zahlungsbereitschaft der Konsumenten. An diesem Punkt setzt ein Freemium-Modell an. Bei der Freemium-Strategie wird das AVOD-Modell mit Fokus auf die Kundenwünsche mit dem SVOD-Modell kombiniert. So wird bei einem kleinen Anteil der Nutzer die Zahlungsbereitschaft abgeschöpft und das Angebot bleibt gleichzeitig attraktiv für die breite Masse der Nutzer ohne Zahlungsbereitschaft. Die Ergänzung eines kostenlosen Basisdienstes durch kostenpflichtige Premiumdienste kann im Rahmen einer zukunftsträchtigen Freemium-Strategie zur Abmilderung des klassischen Trade-offs zwischen kostenlosen und zahlungspflichtigen Angeboten beitragen.

In Zukunft wird es eine Mischung verschiedener Modelle geben

Während in der Vergangenheit oft entweder werbefreie kostenpflichtige Angebote oder werbefinanzierte kostenlose Angebote existierten, ist in der Zukunft verstärkt mit einer Mischung und Co-Existenz unterschiedlicher Erlösmodelle zu rechnen. Bei einer Freemium-Strategie leidet die Reichweite nicht so stark unter der Einführung der kostenpflichtigen Premiumdienste. Vorrausetzung dafür ist eine sinnvolle Produktentwicklung, die entsprechende Funktionen und Produkteigenschaften identifiziert, für die die Nutzer eine Zahlungsbereitschaft haben und deren Fehlen im kostenlosen Bereich die Nutzung nicht zu stark einschränkt. Typische Bestandteile des Premiumangebotes könnten beispielsweise ein Offline-Modus, eine bessere Bildqualität, ein erweitertes Inhalte-Angebot oder die Unterstützung von drahtlosen Schnittstellen zu externen Geräten sein.

Die Umsetzung eines Freemium-Modells ist in jedem Fall eine komplexe Herausforderung, da es u.a. dafür notwendig ist, sowohl die AVOD- also auch die SVOD-Rechte gleichzeitig zu verhandeln. Aus wirtschaftlicher Sicht stellt sich für die Anbieter von Inhalten die Frage, welche Auswertungsform bzw. welches Geschäftsmodell den größten finanziellen Erfolg verspricht. Klassische Controlling-Methoden sind oft nicht speziell auf die Medienbranche ausgerichtet und stoßen bei der Bewertung von digitalen Angeboten an ihre Grenzen.

Aufbauend auf die Bachelorarbeit und die gemeinsame Projekterfahrung entwickelten  Dr. Martin Schneider und Elena Dengler eine Methode zum Controlling von VOD-Angeboten, die im Journal für korporative Kommunikation vorgestellt wurde.

Einen weiteren adhibeo-Artikel zum Thema Digitalisierung, Preisstragie und das Freemium-Modell finden Sie auch hier.

Über den Autor

Elena Dengler (B.A.), Dr. Martin Schneider
Elena Dengler hat Media- and Communication Management (B.A.) an der Hochschule Fresenius in Köln studiert. Dr. Martin Schneider ist dort Lehrbeauftragter.

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