Sport und Tourismus

Über die Erfolgslogik des Amateurfußballs

von Redaktion, am 20.09.2016

Dem Amateurfußball wird in Deutschland immer größeres Interesse zuteil. Als mitgliederstärkste verbandlich organisierte Sportart hat er das auch verdient. Im Rahmen einer an der Hochschule Fresenius München durchgeführten Studie hat man versucht, seinem Wesen auf den Grund zu gehen. Von Tim Frohwein

Der Amateurfußball stand in Deutschland lange Zeit im Schatten des Profifußballs. Doch auch dank groß angelegter Kampagnen wie „Unsere Amateure. Echte Profis.“ gerät er mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit – und damit der Medien: Das Magazin 11 Freunde widmete ihm Mitte des Jahres eine Titelstory, der Bezahlsender Sky – eigentlich eine feste Größe im Profifußball-Medienzirkus – überträgt seit neuestem Kreisliga-Duelle live und in der Süddeutschen Zeitung fand man kürzlich eine große Reportage.

Nicht nur aufgrund seiner enormen Teilnehmerzahl hat der Amateurfußball diese Aufmerksamkeit auch verdient: Heute sind unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) knapp 6,9 Millionen Mitglieder organisiert, die sich auf rund 26.000 Fußballvereine verteilen. Allein in Bayern sind laut Schätzungen des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) jedes Wochenende (berücksichtigt man Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Zuschauer und Vereinsmitarbeiter) über eine Million Menschen auf Amateurfußballplätzen unterwegs – und dabei steht anders als im Profifußball nicht immer der sportliche Erfolg im Vordergrund, wie jetzt eine an der Hochschule Fresenius München entstandene Studie belegt.

Die zentrale Zielsetzung der rund zweijährigen Untersuchung, an der insgesamt fünf Studierende der Hochschule mitgewirkt haben, war es, die innere Logik des Amateurfußballs zu erforschen. Zu diesem Zweck wurden rund 1000 Personen, die als Aktive, ehrenamtliche Engagierte, durch ein offizielles Amt oder eine familiäre Verbindung mit einem bayerischen Amateurfußballverein in Verbindung stehen, online befragt. Eine derart große Stichprobe konnte nur dank der Kontaktdatenbank des BFV, mit dem die Untersuchung zusammen entwickelt und umgesetzt wurde, realisiert werden. Im Rahmen der Studie wurde den Teilnehmern schließlich unter anderem folgende Frage gestellt: „Wann ist ein Amateurfußballverein in Ihren Augen erfolgreich?“. Die Teilnehmer konnten dabei insgesamt drei Kreuze auf mehrere vorgegebene Antwortmöglichkeiten verteilen. In der nachfolgenden Abbildung sind die häufigsten „Erfolgserwartungen“ zu sehen.

grafik_erfolgserwartungen

Während in den drei Profiligen des organisierten deutschen Fußballbetriebs unzweifelhaft Einigkeit darüber herrscht, dass der Erfolg eines Vereins untrennbar mit seinem sportlichen und wirtschaftlichen Abschneiden verknüpft ist, wird Erfolg im Amateurfußballbereich davon abweichend definiert, wie die Ergebnisse zeigen. 84 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass ein Amateurfußballverein dann erfolgreich ist, wenn er „Gute Jugendarbeit“ leistet. Was „Gute Jugendarbeit“ am Ende wirklich ausmacht, davon dürfte jeder Antwortende allerdings eine andere Vorstellung haben, harte Faktoren sind in diesem Zusammenhang ja auch schwerlich auszumachen.

Auch wenn innerhalb eines Vereins ein starker sozialer Zusammenhalt vorhanden ist oder er aus einem großen Pool ehrenamtlich Engagierter schöpfen kann, gilt er in den Augen der Teilnehmer als erfolgreich: 63 bzw. 62 Prozent setzten hier ihr Kreuz. Nur rund ein Drittel der Befragten fand dagegen, dass der sportliche Erfolg – die zentrale Erfolgserwartung im Profibereich – in diesem Zusammenhang eine Rolle spielt.

Die Studienergebnisse zeigen also: im Schatten des Profifußballs hat der Amateurfußball eine ganz eigene Erfolgslogik entwickelt. Zwar erscheint das zunächst wenig überraschend, doch auf empirische Befunde konnte man sich hier bislang kaum stützen. Wer sich für die weiteren Ergebnisse der Untersuchung interessiert, findet hier nähere Informationen.

Tim Frohwein lehrt und forscht in den Bereichen Soziologie und Kommunikation an der Hochschule Fresenius München. Er hat das hier beschriebene Projekt „Erfolgsfaktoren von Amateurfußballvereinen“ wissenschaftlich begleitet.

Über den Autor

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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