Wirtschaft und Management

„Viele gesellschaftliche Probleme wurden durch CSR nicht wirklich gelöst oder angegangen“

von Redaktion, am 24.08.2016

Corporate Social Responsibility (CSR) steht heute bei vielen Firmen weit oben auf der Agenda, man nimmt das Thema ernst. Doch durch die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung konnten sowohl auf Unternehmens- wie auch auf Gesellschaftsebene nicht die gewünschten Erfolge erzielt werden. Zeit, neue Ansätze auszuprobieren, findet Dr. Thomas Osburg, Dozent und CSR-Experte an der Hochschule Fresenius München.

Die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung – auch als Corporate Social Responsibility bekannt – ist inzwischen in den meisten global agierenden Unternehmen mehr oder weniger strategisch verankert. Wie beurteilen Sie als CSR-Experte diese Entwicklung?

Zunächst einmal sehe ich diese Entwicklung sehr positiv. Zwar lassen einige Firmen ihren Worten noch immer nicht ausreichend Taten folgen, trotzdem hat sich einiges getan. Wir sind viel weiter, als vor zehn Jahren.

Bei aller Freude darüber ist aber auch zu sehen, dass viele große gesellschaftliche Probleme durch CSR nicht wirklich gelöst oder angegangen wurden: weder politische oder soziale Unruhen noch die hohen Jugendarbeitslosigkeitsquoten oder zum Beispiel die ungleiche Einkommensverteilung konnten dadurch wirksam bekämpft werden. Es ist also an der Zeit, CSR weiterzuentwickeln und neue Ansätze auszuprobieren, die eine stärkere Wirkung auf die Gesellschaft entfalten.

Welche Ansätze sind das?

Ein sehr vielversprechender ist der Ansatz der Sozialen Innovationen. Darunter versteht man unternehmerische Innovationen, die mit wichtigen Stakeholdern gemeinsam kreiert werden, um gesellschaftliche Probleme zu lösen. Dafür müssen Unternehmen mit gesellschaftlichen Akteuren, wie NGO´s, Vereinen oder anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen, in einen Dialog treten.

Während CSR oft eine Art „add-on“ ist, greifen Soziale Innovationen direkt in die Innovationsprozesse der Unternehmen ein. Am Ende sollen die entwickelten Innovationen sowohl dem Unternehmen als auch der Gesellschaft einen konkreten Mehrwert bringen.

Fällt dann beispielsweise Uber in die Kategorie einer Sozialen Innovation? Immerhin bewirkt die App eine höhere Auslastung von Beförderungsmitteln und bewältigt so Umwelt- und Mobilitätsprobleme.

Hier gehen die Ansichten auseinander, aber nach inzwischen vorherrschender Meinung eher nicht. Zwar zählen Shared-Economy-Innovationen – und in diese Kategorie fällt ja auch Uber – oft zu den Sozialen Innovationen. Da Uber aber bei der Entwicklung ihrer Geschäftsidee kaum mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammengearbeitet hat, muss man hier vorsichtig sein.

Es handelt sich mehr um ein neues Geschäftsmodell. Denn, verglichen mit einem Taxi, sinkt die Umweltbelastung ja durch eine Fahrt mit einem Uber-Auto von A nach B nicht.

Können Sie ein Beispiel für eine aktuelle Innovation geben, die den Zusatz „sozial“ zurecht trägt?

Ein Beispiel ist das WorldAhead-Programm der Firma Intel. Dabei ging es um den Aufbau von digitalen Lernwelten in unterentwickelten Gegenden dieser Welt. Durch die Kooperation mit Großunternehmen, mit lokalen NGO’s und Regierungen gelang es, Millionen von Schülern Zugang zu Bildung zu verschaffen. Natürlich haben die Firmen damit auch legitimerweise etwas Geld verdient, der Hauptnutzen entstand aber für die Gesellschaft.

Mit ihrem Engagement im Bereich CSR wenden sich Unternehmen gerne an die Öffentlichkeit – man erhofft sich Reputationsgewinne. Tatsächlich aber wird dieses Engagement in den Medien nur selten thematisiert, auch weil man den Unternehmen oft nicht über den Weg traut. Darf man sich bei der Kommunikation Sozialer Innovationen mehr erhoffen?

Meiner Einschätzung nach ja. Zum einen, da Soziale Innovationen naturgemäß einen Neuigkeitswert besitzen und schon alleine deshalb das Interesse der Öffentlichkeit auf sich ziehen. Zum anderen, da man mit den zivilgesellschaftlichen Kooperationspartnern Akteure mit im Boot hat, die ihrerseits glaubwürdige Kommunikation betreiben können. Stellt man es also richtig an, lassen sich Soziale Innovationen für die Unternehmenskommunikation sehr gut nutzen.

Allerdings werden die Botschaften nur dann als glaubwürdig wahrgenommen werden, wenn das Unternehmen auch im CSR-Bereich verantwortungsvoll handelt. Wenn es öffentliche Zweifel an den Unternehmenswerten und dem Verhalten der Firma gibt, hilft eine Kommunikation über Soziale Innovationen auch nicht weiter.

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Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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