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Wirtschaft und Management

Jobkonkurrent Computer

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von Redaktion, am 21.01.2016

Die Industrie 4.0 bietet der Wirtschaft große Chancen: Durch den Einsatz von Computern und Robotern können immer mehr Arbeitsabläufe automatisiert und vereinfacht werden. Das bedeutet aber auch, dass Maschinen bald Tätigkeiten übernehmen, die bisher von Menschen ausgeübt wurden. Die vierte industrielle Revolution wird in den nächsten Jahren also für einen gewaltigen Stellenabbau sorgen – und diesmal trifft es nicht nur Geringqualifizierte, wie Prof. Dr. Matthias Sure, Studiendekan Corporate Finance & Controlling und Professor für Unternehmenssteuerung und Internationales Management an der Hochschule Fresenius Köln, in einer Studie herausgefunden hat.

Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos werden derzeit wieder die drängenden ökonomischen Themen unserer Zeit besprochen. Eines steht dabei ganz weit oben auf der Agenda: das Thema Industrie 4.0. Unter diesem Schlagwort diskutiert man, inwiefern die zunehmende Digitalisierung und der verstärkte Einsatz von Computer- und Robotertechnik die Wirtschaft in naher Zukunft verändern werden – und damit auch das Arbeiten. Die Prognose: In den Industrienationen sollen im Zuge der sogenannten vierten industriellen Revolution in den nächsten Jahren rund fünf Millionen Arbeitsplätze verloren gehen – und zwar, weil Maschinen menschliche Arbeiter ersetzen. So geht es aus einer Befragung unter Top-Managern der 350 größten Konzerne der Welt hervor, die auf dem Weltwirtschaftsforum vorgestellt wurde.

„Schon immer wenn industrielle Quantensprünge anstanden, zum Beispiel nach der Erfindung der Dampfmaschine oder des Fließbandes, haben Kritiker einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit prognostiziert“, gibt Prof. Dr. Matthias Sure, Professor für Unternehmenssteuerung und Internationales Management an der Hochschule Fresenius Köln, zu bedenken. Meistens hätten sich diese Vorhersagen nicht bewahrheitet. Diesmal allerdings gehe auch er von einem anstehenden Arbeitsmarktwandel aus, so Sure. Er stützt sich dabei unter anderem auf eine eigene Studie: Um die Auswirkungen der Industrie 4.0 auf den Berufsalltag in Deutschland einschätzen zu können, hat Sure sieben Experten interviewt, die sich seit mehreren Jahren intensiv mit der Thematik auseinandersetzen, darunter Wissenschaftler, Manager und Unternehmensberater.

Wenn Maschinen mit Maschinen kommunizieren, wird der Mensch überflüssig

Wie die befragten Großkonzern-Manager auch, prophezeien die Interviewten größere Umwälzungen durch die Industrie 4.0 und sehen vom bevorstehenden Stellenabbau in substanziellem Maße auch Höherqualifizierte betroffen. „Früher wurden im Zuge industrieller Revolutionen, wenn überhaupt, die einfachen Arbeiter ersetzt. Zum Beispiel als durch das Fließband Arbeitsschritte wegrationalisiert wurden. Diesmal scheint es vermehrt auch Akademiker zu treffen“, fasst Sure zusammen. Er gibt ein Beispiel: „Denken Sie an die Arbeit des Radiologen: Er ist bislang dafür zuständig, die Bilder von Computertomographien auszuwerten und die Befunde an behandelnde Ärzte weiterzugeben. In Zukunft könnte diese Aufgabe von einem Computer übernommen werden: Dieser nimmt unmittelbar nach der Bildgenerierung einen Abgleich mit tausenden Patientendaten vor und kann so einen noch exakteren Befund erstellen. Der Befund wird anschließend einfach automatisch per Mail an den behandelnden Arzt verschickt.“

Gerade der computergesteuerte Austausch von Informationen werde in Zukunft viele Arbeitsabläufe verändern, ist sich Sure sicher. „Maschinen kommunizieren schon heute mit Maschinen, ohne dass der Mensch irgendwie dazwischengeschaltet ist. Die Wünsche, die ein Kunde bei der Online-Autobestellung in eine entsprechende Maske eingibt, könnten beispielsweise direkt an einen Roboter im Werk des Autoherstellers weitergeleitet und von diesem gleich am Auto umgesetzt werden“, schildert Sure.

In Deutschland begegnet man Robotern vergleichsweise skeptischer

Dennoch spiele gerade beim Einkaufen der Faktor Mensch natürlich weiter eine wichtige Rolle. „Auch wenn weder bei der Bestellung noch bei der Produktion eine menschliche Person ihre Finger im Spiel gehabt hat: abholen will der Kunde das Auto dann doch bei einem Verkäufer aus Fleisch und Blut“, so der Wirtschaftsprofessor. Gerade in Deutschland sei man in diesem Zusammenhang noch vergleichsweise konservativ. „In Japan dagegen ist die Akzeptanz gegenüber Maschinen viel größer: Dort werden Kunden mittlerweile in einigen Hotels von vermenschlichten Robotern begrüßt und eingecheckt“, weiß Sure.

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Die in manchen Bereichen größere Innovationsresistenz der Deutschen sorge dafür, dass die Veränderungen durch die Industrie 4.0 hierzulande in einem gemäßigteren Tempo ablaufen würden. „Nichtsdestotrotz müssen wir in Deutschland dringend Mechanismen entwickeln, mit denen man dem Wegfallen von Arbeitsplätzen begegnen kann“, mahnt Sure.

Über die Publikation: Matthias Sures Untersuchung „Consequences of Industry 4.0 on Human Labour and Work Organisation“ ist in Ausgabe 1/2016 im Journal of Business and Media Psychology erschienen.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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