Medien

Psychologie und Wirtschaftspsychologie

„Ein guter Anfang ist entscheidend“

von Redaktion, am 22.11.2017

Prof. Dr. Peter Michael Bak, Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius, Fachbereich Wirtschaft & Medien, über Erfolg in Beziehungen und über die Partnervermittlung mithilfe der Wissenschaft. Seine Formel der Liebe könnte lauten: „Bleib gelassen + bleib offen + bleib dran = es lohnt sich.“

Herr Prof. Dr. Bak, Sie haben für die Online-Partnervermittlung LemonSwan einen Persönlichkeitstest entworfen, mit dem Menschen zusammengeführt werden sollen, die langfristig besonders gut zueinander passen. Worum geht es in dem Persönlichkeitstest?

Der Test, der übrigens weit mehr als einen Persönlichkeitstest darstellt, wurde mit dem Ziel entwickelt, Menschen zusammenzubringen, die bezüglich ihrer Persönlichkeit mit großer Wahrscheinlichkeit zusammenpassen, also einen „guten Anfang“ haben können. Denn, das wissen wir alle, die ersten Begegnungen sind in der Regel entscheidend dafür, ob wir uns für jemanden interessieren oder nicht. Was aus einer Beziehung später wird, ob und wie sich die Personen verändern werden, das lässt sich kaum vorhersagen.

Was unterscheidet Ihren Persönlichkeitstest von denen anderer Partnervermittlungen?

Die meisten Tests, die ich gesehen habe, setzen auf die Erfassung der Persönlichkeit. Das ist an und für sich zunächst nicht schlecht, da die menschliche Persönlichkeit als einigermaßen stabil anzusehen ist und großen Einfluss auf unser Erleben und Verhalten hat. Der Haken dabei ist nur, dass der Abgleich von zwei Persönlichkeitsprofilen nicht besonders aussagekräftig für die Beziehungsqualität oder die Beziehungsentwicklung ist. Wir haben den Test daher durch andere Dimensionen erweitert, die Aussagen darüber erlauben, wie gut zwei Menschen miteinander ins Gespräch kommen und wie gut sie sich vermutlich in Beziehungsfragen und Fragen des alltäglichen Miteinanders einigen können.

Worauf wird in Ihrem Fragebogen besonders geachtet?

Aus der Einstellungsforschung wissen wir, dass es sehr schwierig ist, aufgrund von allgemeinen Aussagen auf konkretes Verhalten zu schließen. Wir sagen zwar dies, tun aber etwas Anderes. Um gute Vorhersagen über zukünftiges Verhalten zu erhalten, sind daher verhaltensnahe Abfragen besonders wichtig. Außerdem haben wir nicht nur die „großen Themen“ wie Liebes- oder Beziehungsstile betrachtet, sondern auch Fragen zu ganz alltäglichen Dingen entwickelt, die am Ende für den Beziehungsalltag besonders wichtig sind.

Was wird abgefragt? Können Sie Beispiele nennen?

Neben der Persönlichkeit und Beziehungsstilen werden auch Fragen zu allgemeinen Wertvorstellungen, Einstellungen zu Konsum, Arbeit, Liebe und Gesellschaft bis hin zur konkreten Gestaltung des Wohnraums oder der Freizeitgestaltung gestellt. Die Fragen sind daher manchmal eher allgemein wie z. B. „Wie wichtig ist es Ihnen, Neues auszuprobieren?“, manchmal aber auch sehr konkret wie „Macht es Ihnen Spaß, Ihre Wohnung einzurichten?“

Antworten die Teilnehmer ehrlich? Was ist mit sozialer Erwünschtheit?

Ob die Teilnehmer ehrlich antworten, können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Allerdings weisen wir im Vorhinein darauf hin, dass die Zuordnung eines „passenden“ Partners im Wesentlichen davon abhängt, dass die Antworten ehrlich gegeben werden. Es nützt niemandem, sich bei dem Test zu verstellen und nachher keine Anknüpfungspunkte mit einer scheinbar passenden Person zu haben. Es liegt also im eigenen Interesse, möglichst ehrlich zu sein.

Muss man erst sich selbst kennenlernen, bevor man den passenden Partner finden kann?

Wenn Sie davon ausgehen, dass „sich selber kennenlernen“ ein lebenslanges Unterfangen ist, dann würde ich dem zustimmen. In einer gelingenden Partnerschaft muss man sich selbst in vielen Situationen in Frage stellen, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven betrachten können und flexibel sein. Das gelingt am besten, wenn man sich darüber im Klaren ist, dass man selbst alles andere als starr, fertig oder unveränderlich ist. Sich selber zu kennen bedeutet vor allem festzustellen, dass nichts so ist, wie es uns scheint, nichts so bleiben muss, wie es ist, sondern sich alles im Fluss befindet, inklusive uns selbst. Unter der Perspektive ist die Suche nach dem passenden Partner, nach Mr. oder Mrs. Right, als naiv zu bewerten, zumal, wenn damit eine bestimmte Merkmalskombination gemeint ist, etwa eine bestimmte Größe, äußere Merkmale, Hobbies, Persönlichkeitseigenschaften. Was gerade noch passt, das passt morgen schon nicht mehr. Letztlich spielen für eine gelingende Partnerschaft die oben erwähnten Beziehungsfertigkeiten eine viel wichtigere Rolle und, nicht zu vernachlässigen, auch die Motivation an einer Beziehung festhalten zu wollen. Sich selber gut zu kennen, ist dafür eine wichtige Voraussetzung.

Wie entscheiden Sie denn, wer gut zueinander passt? An welchen Situationen macht sich so etwas fest?

Das ist in der Tat eine sehr schwierige Aufgabe. Wenn wir danach fragen, ob zwei Personen zueinander passen, vereinfachen wir das Problem, um das es geht. Beziehungen sind ja selbst nicht einfach da und bleiben dann für immer so, sondern verändern sich, wie auch wir uns verändern. Was heute passt, das kann morgen schon problematisch sein. Wenn zwei Menschen über Jahre gut miteinander auskommen, dann ist das vor allem eine ungeheure Anpassungsleistung. Dafür sind dann weniger einzelne Persönlichkeitsmerkmale verantwortlich, sondern eher so etwas wie Beziehungsfertigkeiten, also Kompetenzen, die wir im Laufe der Zeit miteinander erwerben. Kein Test ist dazu in der Lage, die Beziehungsqualität für verschiedene Beziehungsphasen verlässlich zu prognostizieren. Wir können nur Wahrscheinlichkeiten ausloten, ob zwei Personen überhaupt bis zu dem Punkt kommen werden, an dem es dann auf die gegenseitige Anpassung ankommt oder ob sie schon vorher die Flinte ins Korn werfen.

Sie sagen: „Ähnlichkeiten sind das A & O für eine gelingende Partnerschaft.“ Wieso lassen sich Ähnlichkeiten im Internet leichter herausfinden als im echten Leben?

Richtig, Ähnlichkeiten sind gerade zu Beginn einer Partnerschaft wichtig, wenn es darum geht, miteinander ins Gespräch zu kommen und die Einstellung zu einer Person zu festigen. So spannend es auch sein mag, dass ein Partner frischen Wind in die Beziehung bringt, am Ende müssen wir uns miteinander verstehen, und das setzt nun einmal ein gemeinsames Verständnis im Kleinen wie im Großen voraus. Ähnlichkeit erzeugt darüber hinaus Sympathie. Und wenn wir jemanden sympathisch finden, dann erkennen wir auch viele Ähnlichkeiten. Und schon sind wir in einem sich selbst verstärkenden Kreislauf. Nicht schlecht für eine Beziehung.

Und das ist im Internet leichter? Lässt sich so der Boom der Online-Partnervermittlungen erklären?

Zwei Gründe lassen sich dafür anführen. Zum einen ist das Internet einfach praktisch und einfacher. In der analogen Welt spricht man nicht einfach Leute an, um ihnen zu erklären, dass man sie als potenzielle Partner ins Auge gefasst hat. Auf einem Portal, auf dem alle das Gleiche suchen, ist die Frage schon von vornherein geklärt. Außerdem ist die Idee anziehend, dass man tatsächlich „mehr Auswahl“ hat. Man kann sich den Partner suchen, den man aufgrund seiner Angaben als passend ansieht. Wo können wir das im analogen Leben? Wenn wir mit jemanden ins Gespräch kommen, und uns für ihn interessieren, dann wäre es keine gute Idee, zuerst einmal alles abzuklären, was für uns in einer Partnerschaft wichtig ist. Das würde doch eher abschreckend wirken. Und damit bin ich beim zweiten Grund. Mit der Online-Partnersuche verbinden wir auch die Vorstellung, durch die größere Auswahl und den Informationsvorsprung im Vergleich zur analogen Welt besser einen Partner ganz nach unserem Geschmack finden zu können. Da liegt aber dann auch der Haken. Viele Einzelinformationen über eine Person ergeben noch kein verlässliches Gesamtbild. Zum anderen berauben wir uns in gewisser Weise auch der Möglichkeit, Personen zu treffen, von denen wir heute noch gar nicht wissen, dass wir sie morgen womöglich interessant finden. Offen zu bleiben lautet daher die Devise.

Im Internet statt in der realen Welt einen Partner zu finden, könnte sicher für einige Gruppen besonders vorteilhaft sein, zum Beispiel für alleinerziehende Singles. Sehen Sie das auch so?

Ganz bestimmt und aus den eben beschriebenen Gründen. Alleinerziehende Singles haben vor allem das Problem, dass viele potenzielle Partner in Beziehungen stecken. Außerdem fehlen die Zeit und die Möglichkeit, auf analoge Weise neue Menschen kennen zu lernen. Zudem ist der analoge Anbahnungsprozess kompliziert. Man muss erst einmal jemanden kennenlernen, den man interessant findet, dann muss man klären, ob derjenige überhaupt einen Partner sucht etc. Im Internet geht das prinzipiell schneller und effektiver. Allerdings besteht ganz allgemein auch die Gefahr, dass wir durch die größere Verfügbarkeit von potenziellen Partnern Beziehungen weniger wertschätzen. Wenn es so leicht ist, jemanden zu finden, dann muss ich mir auch nicht viel Mühe geben. Außerdem könnte man auf den Gedanken verfallen, dass es ja womöglich noch bessere Partner da draußen geben könnte, mit denen man einfach in Kontakt kommen kann. Das wären dann nicht gerade optimale Voraussetzungen für eine zufriedenstellende Partnerschaft.

Wie lautet also die Formel der Liebe?

Da muss ich Sie enttäuschen. Die generalisierte Formel der Liebe gibt es nicht. Jeder muss seine Formel für sich selbst finden. Ich für meinen Teil würde so etwas sagen wie: Bleib gelassen + bleib offen + bleib dran = es lohnt sich.

Über Lemon Swan:

Der Name LemonSwan verweist auf ein Vorbild aus dem Tierreich: Schwäne. Die Tiere stehen für tiefe Liebe und Treue in der Partnerschaft. Sie leben monogam und binden sich ihr Leben lang an nur einen Partner. „Das wünschen wir uns für alle unsere Mitglieder“, erklärt Gina Müller von LemonSwan. Das Portal richtet sich daher an alle Singles mit ehrlichen Beziehungsabsichten, die den Partner fürs Leben suchen. Das „Lemon“ in LemonSwan bezieht sich auf den hellgrünen Farbton der green lemon, der grünen Zitrone, und bedeutet für die Betreiber: Leben, Aufbruch, Neues, Wachstum sowie Zusammenwachsen. „Diese Aspekte hängen alle mit der Suche nach einem Lebenspartner zusammen“, so Müller. Alle Profile werden individuell überprüft. Sogenannte „Türsteherinnen“ achten darauf, dass die Profilinhalte seriös sind und der Profilinhalt eine hohe Aussagekraft hat. Unter den Mitgliedern sind junge Erwachsene, Menschen in ihrer Lebensmitte und Senioren. Wir richten uns auch gezielt an Alleinerziehende, Studierende und Auszubildende, für die der Service kostenlos ist. Die Partnersuche soll nach Auffassung der Betreiber nicht daran scheitern, dass jemand nicht über ausreichend finanzielle Ressourcen verfügt.

Prof. Dr. Peter Michael Bak lehrt als Professor für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius im Fachbereich Wirtschaft & Medien.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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