Sport und Tourismus

Mehr als nur Tore und Fouls

von Redaktion, am 24.03.2017

Über die gesellschaftliche Bedeutung des Sports wurde und wird viel geschrieben. Speziell zur Bedeutung des Amateurfußballs gibt es allerdings nur wenige Abhandlungen. Tim Frohwein, Soziologe an der Hochschule Fresenius München, hat sich in einem Beitrag für das Politikmagazin Einsichten und Perspektiven damit auseinandergesetzt.

Deutschland ist ein Fußballland. Dazu gibt es eigentlich keine zwei Meinungen. Die Begeisterung für den Sport mit dem runden Leder geht sogar soweit, dass manche hierzulande eine „Fußball-Monokultur“ beklagen, schreibt Tim Frohwein, Soziologe an der Hochschule Fresenius München, in einem aktuellen Beitrag für das Politikmagazin Einsichten und Perspektiven. In dem Aufsatz hat er sich vorrangig mit der gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs auseinandergesetzt – und dabei den Amateurbereich in den Fokus gerückt.

„Der Fußball ist (…) in Bezug auf die Zahl der aktiv oder passiv teilnehmenden Akteure die mit Abstand populärste Amateursportart in Deutschland,“ schreibt Frohwein und liefert auch gleich die dazu passenden Zahlen: „Heute sind unter dem Dach des DFB über 6,9 Millionen Mitglieder organisiert. Sie verteilen sich auf rund 25.000 Fußballvereine. Allein in Bayern sind über 4.600 dieser Vereine registriert, sie nehmen mit rund 28.000 Mannschaften am verbandlich organisierten Spielbetrieb teil. Laut Schätzungen des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) sind jedes Wochenende (berücksichtigt man Spieler, Trainer, Schiedsrichter, Zuschauer, Vereinsmitarbeiter, etc.) über eine Million Menschen auf bayerischen Amateurfußballplätzen unterwegs.“

Wenn der Azubi den promovierten Manager „steil schickt“: im Amateurfußball kommen Menschen unterschiedlichster Herkunft miteinander in Berührung

Das gesellschaftlich Bedeutsame sei dabei, erklärt Frohwein weiter, dass dort Menschen unterschiedlichster sozialer, kultureller und ethnischer Herkunft aufeinanderträfen – was gerade während der 90 Minuten zu ungewöhnlichen sozialen Interaktionen führe: „So erteilt zum Beispiel der 20-jährige Einzelhandelskaufmann-Azubi dem deutlich älteren, beruflich erfolgreichen Akademiker auf dem Platz einen ‚Rüffel‘ für ein schlechtes Abspiel – gemäß seinem Status als unzweifelhaft fußballerisch überlegener Spieler ist das in dieser sozialen Umgebung auch legitim.“ Das Amateurfußballmilieu sei eben ein ganz eigener Mikrokosmos, in dem Normen zum Tragen kämen, die außerhalb keine Rolle spielten.

Darüber hinaus seien Amateurfußballvereine auch Orte der Integration, findet Frohwein. Gerade während der Flüchtlingskrise sei das zu beobachten gewesen. Zum Beleg zitiert er unter anderem einen deutschen Vereinsfunktionär: „Wir haben den Leuten (den Flüchtlingen, Anm. d. Red.) bei Behördengängen geholfen, haben Sprachkurse ermöglicht, die ersten Fußballschuhe gekauft.“ Da der Fußball transkulturell beliebt sei und sich eben auch viele Flüchtlinge für diesen Sport begeisterten, seien Fußballvereine wichtige Anlaufstellen für Neuankömmlinge.

Zum Schluss übt Frohwein aber auch Kritik am Amateurfußball. Dort seien immer noch wenig zeitgemäße Weltanschauungen, zum Beispiel in Bezug auf die Rolle der Frau, weit verbreitet. Insgesamt wünscht Frohwein dem Amateurfußball mehr Aufmerksamkeit seitens Wissenschaft und Politik – bislang habe man sich hier zu sehr auf den Profifußball konzentriert.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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