Psychologie und Wirtschaftspsychologie

Wirtschaft und Management

Anstöße fürs Allgemeinwohl werden akzeptiert – Wie Nudges unsere Entscheidungen beeinflussen

von Redaktion, am 14.02.2018

In Kantinen soll die richtige Platzierung von Obst und Gemüse dabei helfen, den Verzehr von gesundem Essen zu steigern, indem ungesundere Alternativen in den Hintergrund gerückt werden. „Nudge“ nennt man so eine Maßnahme, die das Entscheidungsverhalten von Menschen unbewusst steuern soll. Christian Barbuia, Studierender des Master-Studiengangs Sustainble Marketing & Leadership (M.A.) an der Hochschule Fresenius Köln, Fachbereich Wirtschaft & Medien, hat in einem Working Paper die Auswirkungen von Nudges auf die Qualitative Freiheit des Menschen untersucht.

Qualitative Freiheit zeichnet sich vor allem durch selbstbestimmtes Handeln und Entscheidungsfreiheit aus. Nudges sollen Anstöße dafür geben, sich unbewusst für das Richtige zu entscheiden. Den Begriff des Nudging etablierten 2009 erstmals die Verhaltensökonomen Richard Thaler und Cass Sunstein. Ohne auf Verbote, Gesetze oder andere offensichtliche ökonomische Anreize zurückzugreifen, soll der ursprünglich irrationale Gedanke einer Person durch den Nudge so beeinflusst werden, dass letztendlich eine rationale Entscheidung getroffen wird. Doch empfinden Menschen Nudges demnach als negativen Einfluss auf ihre individuelle Entscheidungsfreiheit?

Zusammenhang zwischen dem Drang nach Selbstbestimmung und der Einschränkung durch Nudges

Um diese Frage zu beantworten führte Christian Barbuia eine Befragung an 105 Testpersonen durch. Im ersten Schritt sollten die Befragten – wovon die Mehrheit zwischen 18 und 29 Jahre alt war – angeben, in welchen Szenarien sie den Einsatz von Nudges akzeptieren und in welchen nicht. So sollten die Testpersonen beispielsweise beurteilen, ob es in Ordnung ist, wenn ein Hotel kleinere Teller an Buffets aufstellt, damit weniger Essensreste im Mülleimer landen. Eine Frage beschäftigte sich auch damit, dass in Österreich automatisch jeder als Organspender gilt, so lange er dagegen nicht bewusst Einspruch erhebt. In einem zweiten Schritt des Fragebogens machten die Befragten Angaben zur eigenen Person und zur individuellen Freiheitsliebe. Die Antworten sollten Aufschluss darüber geben, inwiefern ein Zusammenhang zwischen dem Drang nach Selbstbestimmung bzw. Freiheit in der Entscheidungsfindung und der Einschränkung durch Nudges besteht.

Die Akzeptanz von Nudges hängt von deren Intention ab

Die Ergebnisse zeigten, dass allen Befragten die Ideale der Qualitativen Freiheit wichtig oder sehr wichtig sind. Zugleich empfand aber nur eine Minderheit der Testpersonen den Einsatz von Nudges als eine starke Einschränkung der persönlichen Freiheit. Barbuias Untersuchungen zeigten zudem, dass die Akzeptanz von Nudges vor allem von der Intention abhängt. Dementsprechend wurden Nudges, die offensichtlich dem Allgemeinwohl dienen, grundsätzlich häufiger akzeptiert. Nudges, die hingegen unklare oder kommerzielle Absichten verfolgten, oder nicht mit den Werten der befragten Person übereinstimmten, wurden abgelehnt. Dies betraf insbesondere auch Maßnahmen, die in die Privatsphäre eingreifen.

Grauzone zwischen ethisch-moralischen Grundsätzen und dem Rationalisierungsdrang

Auch wenn dem Einsatz von Nudges grundsätzlich positiv gegenübergestanden wird, kann sich die Methode laut Barbuia schnell zu einem Instrument entwickeln, dass sich in der Grauzone zwischen ethisch-moralischen Grundsätzen und dem Rationalisierungsdrang befindet: „Nudging macht sich Erkenntnisse der Verhaltensökonomik zu eigen und versucht so, kluge Entscheidungen anzustoßen, ohne dabei die Entscheidungsfreiheit des Individuums einzuschränken. Dabei sollten idealerweise immer positive Absichten, die dem Gemeinwohl dienen, verfolgt werden. Nicht immer ist dies jedoch gewährleistet. In der Öffentlichkeit wird das Konzept dementsprechend kontrovers diskutiert. Barbuia ist sich jedoch sicher, dass Nudges keine grundsätzliche Bedrohung für die Qualitative Freiheit darstellen: „Es hat sich gezeigt, dass die Befragten über ein gewisses Feingefühl verfügen, das sie dazu ermächtigt, paternalistische Strukturen bzw. Scheinfreiheiten zu entlarven und solchen folglich ablehnend zu begegnen.“

Die Ergebnisse der Studie bieten Möglichkeiten für weitere Untersuchungen zur Akzeptanz von Nudges.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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