Wirtschaft und Management
Qualitätsfaktor Wissensaustausch
von Redaktion, am 16.04.2014
Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 16.04.2014
Im Rahmen eines EU-geförderten Projekts hat ein Team der Hochschule Fresenius Köln Qualitätsmanagement für Unternehmen betrieben. Das Ergebnis der Arbeit macht deutlich: Nur wenn ein Erfahrungs- und Wissensaustausch unter Mitarbeitern und Führungskräften stattfindet, können Betriebe erfolgreich sein.
Über sechs Millionen Autos hat der japanische Toyota-Konzern vergangene Woche zurück in die Werkshallen beordert. Airbags und Lenksäulen seien teilweise beschädigt, begründete der Autobauer die Rückrufaktion. Wäre diese teure Maßnahme durch aufmerksames Qualitätsmanagement zu verhindern gewesen?
„Aus der Ferne ist das ziemlich schwierig zu beurteilen“, sagt Prof. Dr. Ralf Neuhaus, Dozent für Qualitätsmanagement und Produktionswirtschaft an der Hochschule Fresenius Köln. Man dürfe aber nicht glauben, derartige Rückrufaktionen seien in der Wirtschaft eine Seltenheit. „Bei Toyota ist nur die öffentliche Aufmerksamkeit immer besonders groß, weil das Unternehmen in Sachen Produktionsverfahren eine Art ‚Best-in-Class‘-Status besitzt“, erläutert er.
Wichtig sei aber, „dass Toyota diese Fehler schon immer zum Anlass genommen hat, die eigenen Abläufe und Standards zu überdenken.“ Denn genau damit beginne eben erfolgreiches Qualitätsmanagement: „Man muss sich den Spiegel vorhalten!“, fordert der Wirtschaftsprofessor.
Das stand im Jahr 2010 auch am Anfang des VITNESS-Projekts. Nur Unternehmen, die einen Willen zur Selbstreflektion zeigten, wurden damals in die Untersuchungsgruppe aufgenommen. Im Rahmen des von der Bundesregierung und der Europäischen Union geförderten Forschungsprojekts wurde den 20 ausgewählten Unternehmen dann ein ganz besonderer Service zuteil: Experten analysierten gemeinsam mit den Unternehmensvertretern über einen längeren Zeitraum hinweg interne Prozesse und Standards und gaben schließlich Handlungsempfehlungen für deren Optimierung ab. Im Mittelpunkt der Analyse: die involvierten Mitarbeiter und Führungskräfte.
Auch ein Team der Hochschule Fresenius Köln war an der Projektdurchführung beteiligt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Ralf Neuhaus nahmen vier Studierende ein ausgewähltes Unternehmen genauer unter die Lupe. „Wir haben nach einer Selbstbewertung zunächst Workshops und Begehungen durchgeführt, um den Betrieb besser kennenzulernen“, so Neuhaus. Dann erst habe er zusammen mit seinem Team und dem Unternehmen genaue Ziele definiert. Und da man diese Ziele natürlich erreichen wollte, sei von Anfang an ein gewisser Erfolgsdruck zu spüren gewesen – „vor allem wenn man sich vor Augen führt, wie viel Zeit Mitarbeiter und Geschäftsführung uns geopfert haben.“
Mit den Resultaten, die Ende 2013 in Form einer Projektdokumentation erschienen sind, zeigt sich Neuhaus heute aber durchaus zufrieden: „Es haben sich sichtbare Verbesserungen in den untersuchten Unternehmen ergeben.“ Dies sei im Nachgang relativ einfach zu messen: „Als wir das Projekt gestartet haben, waren die betrachteten Prozesse fehlerhafter als heute“, erläutert er.
Zurückzuführen seien diese Veränderungen mitunter auf den verstärkten Wissens- und Erfahrungsaustausch unter den Mitarbeitern und Führungskräften, der im Rahmen des Projekts vorangetrieben wurde. „In vielen Unternehmen wissen einzelne Abteilungen nur wenig voneinander, selbst wenn sie sich an gemeinsamen Schnittstellen befinden“, begründet der Wirtschaftsprofessor diese Maßnahme und ergänzt: „Deshalb muss man die Mitarbeiter und Führungskräfte, die entlang einer Prozesskette zusammenwirken, dazu bewegen, miteinander zu sprechen, um die internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen zu verstehen.“ Und das sei insgesamt recht gut gelungen.
Das Detailwissen, das in den Köpfen von Mitarbeitern und Führungskräften steckt, sichtbar und transferfähig zu machen, ist eben ein zentraler Bestandteil des Qualitätsmanagements. Das gilt auch und insbesondere mit Blick auf den demografischen Wandel: „Derzeit befinden sich in deutschen Unternehmen sehr viele Arbeitskräfte, die in den kommenden Jahren das Rentenalter erreichen werden. Das Wissen, wie Prozesse funktionieren oder bestimmte Handgriffe getätigt werden, sollte weitergegeben werden, bevor diese Personen das Unternehmen verlassen“, appelliert Neuhaus.
Mit einem ähnlichen Problem hat übrigens auch Toyota zu kämpfen: „Der Konzern ist in der jüngeren Vergangenheit sehr stark gewachsen. Die Unternehmensleitung sah sich deshalb gezwungen, neue Arbeitskräfte von außerhalb zu beschaffen – und diese waren mit den internen Abläufen eben nicht so vertraut oder sind nicht mit ihnen vertraut gemacht worden“, weiß Neuhaus. Möglicherweise sei das eine Erklärung für die großangelegte Rückrufaktion.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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