Psychologie und Wirtschaftspsychologie
Wirtschaft und Management
Neuro-Enhancement unter Studierenden
von Redaktion, am 26.03.2014
Psychologie und Wirtschaftspsychologie
Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 26.03.2014
Jeder zweite Studierende kann sich vorstellen, leistungssteigernde Mittel einzunehmen. Zu diesem Ergebnis kommt die Wirtschaftspsychologin Ann-Kathrin Runte in ihrer Bachelorarbeit. Die zunehmenden Belastungen, die der studentische Alltag nach der Bologna-Reform mit sich bringt, werden von vielen als Ursache dafür gesehen. Noch aber ist Neuro-Enhancement unter deutschen Studierenden nur wenig verbreitet – wird sich das schon bald ändern?
Über die Hälfte der Bachelor- und Masterstudierenden leidet regelmäßig unter emotionaler Erschöpfung. Das ergab eine Umfrage, die im Jahr 2013 an der Hochschule Fresenius Hamburg durchgeführt wurde. Viele machen hierfür die Bologna-Reform verantwortlich. Denn nach der Umstellung auf Bachelor- und Mastermodell zählt plötzlich jede Note – Leistungsdruck verspüren Studierende heute also viel häufiger als früher.
Wer sich diesem Druck nicht gewachsen fühlt, der greift immer häufiger zu leistungssteigernden Substanzen, wie eine Mainzer Forschungsgruppe um den bekannten Psychiater Klaus Lieb herausgefunden hat. Jeder fünfte deutsche Studierende, so heißt es in der im Januar 2013 veröffentlichten Studie, betreibt sogenanntes Neuro-Enhancement.
Auch Ann-Kathrin Runte, Absolventin des Studiengangs Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius Hamburg, verweist in ihrer Bachelorarbeit auf diesen Befund. In ihrer Thesis hat sie an die Arbeit der Mainzer Wissenschaftler angeknüpft und untersucht, ob bestimmte Persönlichkeitseigenschaften für den Konsum leistungsfördernder Medikamente ausschlaggebend sind. „Es deutet einiges darauf hin, dass gerade Studierende, die wenig gewissenhaft und motiviert sind, zur Einnahme derartiger Mittel bereit sind“, fasst sie die Ergebnisse ihrer Befragung zusammen.
Insgesamt hatten 138 Studierende verschiedener Hamburger Hochschulen daran teilgenommen; 22 gaben an, schon einmal leistungsfördernde Substanzen wie zum Beispiel Ephedrin eingenommen zu haben. Das deckt sich in etwa mit den Ergebnissen der großangelegten Studie der Uni Mainz, ist ansonsten aber mit Vorsicht zu interpretieren: „Die absolute Zahl der Personen, die schon einmal Neuro-Enhancement betrieben haben, ist in meiner Stichprobe leider ziemlich klein. Daher sind auch Rückschlüsse auf einen Zusammenhang mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften nur schwer möglich“, so Runte.
Was sich aus den Ergebnissen eindeutiger herauslesen lasse, sei eine breite Akzeptanz für Neuro-Enhancement. „Knapp über die Hälfte der Befragten kann sich vorstellen, irgendwann einmal verschreibungspflichtige Medikamente zur Leistungssteigerung einzunehmen“, berichtet die Wirtschaftspsychologin und ergänzt: „Aufmerksamkeitssteigerung, die Verbesserung der Gedächtnisleistung und die Reduktion der Müdigkeit sind die Wirkungen, die sich die Betroffenen davon erhoffen.“
Dieser Befund könnte ein Indiz dafür, dass die Blütezeit des Neuro-Enhancements in Deutschland noch bevorsteht – die unter Studierenden festgestellte Akzeptanz könnte als eine Art „Vorstufe der Handlung“ zu verstehen sein, wie es Runte in ihrer Thesis formuliert.
In anderen Ländern, wie zum Beispiel den USA, gehört Neuro-Enhancement längst zum studentischen Alltag. Das lasse sich womöglich mit der stärker auf Leistung ausgerichteten Kultur erklären, so Ann-Kathrin Runte. Fest steht: Mit der Bologna-Reform hat Europa das US-amerikanische Studienmodell übernommen – womöglich auch die Gepflogenheiten im Umgang mit leistungsfördernden Medikamenten?
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
Die langfristige Konsequenz von Aufputschmitteln ist Arbeitsunfähigkeit…
Man zerstört auf diese weise letztlich Psyche und Körper und zwar oft irreversible. Die Kosten- Nutzen-Rechnung geht nicht auf, individuell nicht, und nicht für die Gesellschaft. Vielleicht für den einen oder anderen Arbeitgeber, denn für die resultierende Erkrankung zahlt er nur indirekt.
Abhängigkeit kommt schnell, weil man sich an die höhere Leistungsfähigkeit gewöhnt, damit kommt dann auch die Dosissteigerung.
Nebenbei haben leistungsteigernde Medikament oft den Nebeneffekt gesteigerter Aggression und abgeflachter Empathie. Man begibt sich also in vielerlei Hinsicht auf einen gesellschaftlich so wie individuell hochgefährlichen Weg. Will wirklich jemand in einer von Pharmazie abhängigen Gesellschaft leben, in der „Leistung“ soviel zählt wie Gesundheit? Wieviel Selbstvertrauen kann man noch haben, wenn man Erfolge in Teilen einer Tablette zuschreiben müsste?
Antidepressiva, Antipsychotika usw. sind in gewisserweise auch „leistungssteigernd“. Trotzdem nehmen sie selbst Menschen, die darauf angewiesen nur ungern. Warum wohl?
Nebenwirkungen – und sicherlich auch weil es langfristig demütigend ist, von Medikamenten abhängig zu sein.
Der Fairness-Gedanke sollte nebenbei vielleicht auch etwas wert sein – Wer bereits eine chronische Krankheit hat, kann viele der Mittel gar nicht nehmen, selbst dann wenn sie legal sind.
ich finde es ist schon ok sich mal ein aufputschmittel zu gönnen. man nimmt ja auch eine aspirin, wenn man kopfweh hat…