Demografie

„Ziel ist es, die wirtschaftliche Situation von Unternehmern in Ruanda zu verbessern“

Maximilian Hartweg, Student an der Hochschule Fresenius München, und Gerwin Fels haben gerade viel zu tun: Ihr Projekt Ideas in Motion, das von Fels und seinem Studienkollegen Nicolai Nieder initiiert wurde, läuft richtig an. Es hat sich zum Ziel gesetzt, jungenafrikanischen Unternehmern zu helfen – und zwar vor Ort.Wirtschaftsstudierendeausallen Ländern soll das Projekt nach Afrika bringen, damit sie dort mit ihrem Wissen und ihren Ideen unterstützen und kulturübergreifende Beziehungen knüpfen können. Namhafte Partner konnten Hartweg und Fels auch schon für ihre Idee gewinnen: Die Gespräche mit deutschen und verschiedenen New Yorker Organisationen sind bereits weit fortgeschritten. Im Interview erklären sie, wie es weiter geht und wie Ideas in Motion genaufunktioniert.

HERR FELS, HERR HARTWEG, IM RAHMEN IHRER INITIATIVE IDEAS IN MOTION SOLLEN WIRTSCHAFTSSTUDIERENDE AUS EUROPA UND DEN USA IHR WISSEN AN AFRIKANISCHE ENTREPRENEURE WEITERGEBEN. KANN MAN VON EINER INTERNATIONALEN STUDENTISCHEN UNTERNEHMENSBERATUNG SPRECHEN?

Gerwin Fels: Wir sehen uns weniger als Unternehmensberatung. Vielmehr verstehen wir uns als Non-Profit Education Provider, wollen also studentisches Wissen und Engagement dorthin vermitteln, wo es gebraucht wird. Dabei werden wir, wie Sie es schon richtig gesagt haben, im ersten Schritt hauptsächlich Studierende aus Europa und Nordamerika ansprechen. Allerdings ist das Projekt nicht auf diese Gruppe beschränkt. Langfristig möchten wir Studierende aus allen Teilen der Welt davon überzeugen, sich im Bildungsbereich zu engagieren. Wir sehen in Bildung und insbesondere in Wirtschaftsbildung ein hervorragendes Instrument, um die Lebenssituation von Menschen in den Entwicklungsländern nachhaltig zu verbessern.

DIE PILOTPHASE VON IDEAS IN MOTION FINDET ANFANG 2015 IN AFRIKA STATT, GENAUER: IN RUANDA. WARUM GERADE DORT?

Gerwin Fels: Ich bin zwischen Abitur und Studium zum ersten Mal für eine Weile durch Afrika gereist – und seitdem von diesem Kontinent begeistert! Ich würde den Leuten vor Ort gerne helfen, ein besseres Leben zu führen und von den positiven Aspekten der Globalisierung zu profitieren.

Für Ruanda haben wir uns entschieden, weil dort die Voraussetzungen für unser Projekt sehr gut sind: Es herrscht politische Stabilität, so dass für unsere Sicherheit gesorgt ist, die Korruption ist relativ niedrig und es gibt eine wachsende Unternehmerschicht.

Maximilian Hartweg: Auch bei mir ist das Interesse an Afrika sehr groß und deshalb bin ich froh, dass ich mit Gerwin und Nicolai (Nicolai Nieder, er hat zusammen mit Gerwin Fels die Initiative Ideas in Motion gestartet, Anm. d. Red.) an diesem Projekt mitarbeiten darf. Die beiden haben den Grundstein gelegt, jetzt wollen wir unsere Ideen gemeinsam umsetzen. Ich glaube, wir arbeiten sehr gut zusammen und sind auf einem guten Weg mit Ideas in Motion in Ruanda Fuß zu fassen.

WIE SIEHT IHRE DERZEITIGE ARBEIT DENN AUS?

Maximilian Hartweg: Im Moment stecken wir mitten in den Vorbereitungen für die angesprochene Pilotphase. Wir müssen die Reise und den Aufenthalt organisieren, sind außerdem in ständigem Kontakt mit möglichen Partnern aus Bildung und Wirtschaft. Gerade sieht es so aus, als hätten wir mit dem Premium-Küchenhersteller Warendorf, Lecturio, dem bekannten Portal für Videotrainings, sowie dem Nachhilfe-Portal Tutoria schon sehr große und einflussreiche Unterstützer gewonnen.

WIE GENAU LÄUFT DAS RECRUITING AB? NEHMEN WIR AN, EIN STUDENT DER BUSINESS ADMINISTRATION MÖCHTE TEILNEHMEN, REGISTRIERT SICH AUF DER WEBSEITE IDEAS-IN-MOTION.ORG UND STEHT AB SOFORT ZUR VERFÜGUNG. WIE GEHT ES DANN WEITER? REIST DER STUDENT NACH AFRIKA, UND WENN JA, WIE LANGE BLEIBT ER DORT?

Maximilian Hartweg: Zunächst einmal schauen wir uns den Bewerber genauer an. Es ist uns wichtig, mit Studierenden zusammenzuarbeiten, die sowohl die fachlichen als auch die sozialen Kompetenzen mitbringen – und die für unsere Idee brennen. Sollte der Bewerber diese Qualitäten mitbringen, werden wir mit ihm planen. Er wird dann im Frühjahr 2015 mit uns und den anderen Freiwilligen nach Afrika reisen, wo er entweder zwei oder vier Wochen bleiben wird. Das kann er selbst entscheiden.

Vor Ort stehen Besuche bei Unternehmen an. Dort sollen die Freiwilligen ihr Wissen weitergeben und anwenden, Problemstellungen bearbeiten und als persönlicher Gesprächspartner fungieren. Gerade der persönliche Kontakt zwischen Unternehmer und Freiwilligem ist uns sehr wichtig, wir möchten, dass hier ein Vertrauensverhältnis entsteht. Am Ende soll ja nicht nur Bildung zur Verfügung gestellt werden, es sollen auch Berührungsängste abgebaut werden – auf beiden Seiten.

Zu guter Letzt haben die Teilnehmer die Möglichkeit, mit den genannten Partnern des Ideas in Motion-Netzwerkes in Kontakt zu treten. Darüber sollen dann Praktika oder andere Formen von Beschäftigungsverhältnissen angebahnt werden.

ERHALTEN DIE TEILNEHMER FÜR IHR ENGAGEMENT EINE VERGÜTUNG?

Gerwin Fels: Wir können den teilnehmenden Studenten keine Bezahlung bieten. Ich hoffe aber, dass das, was Maximilian gerade beschrieben hat, Anreiz genug ist.

AUF DEM PERSÖNLICHEN KONTAKT ZWISCHEN UNTERNEHMER UND STUDIERENDEM LIEGT EIN HAUPTAUGENMERK. IST DAS DER ZENTRALE MEHRWERT IHRES PROJEKTS? DENN DAS ANEIGNEN VON WISSEN IST IM INTERNETZEITALTER, IN DEM AUCH AFRIKA ANGEKOMMEN IST, MITTLERWEILE JA AUCH ÜBER WIKIPEDIA ODER MOOCS MÖGLICH.

Gerwin Fels: Klar, Wissensaneignung kann über verschiedene Wege erfolgen, natürlich auch und vor allem über das Internet. Uns ist es aber ein zentrales Anliegen, die Möglichkeiten der Wirtschaftsbildung im 21. Jahrhundert voll auszuschöpfen. Daher arbeiten wir mit unseren Partnern zusammen an Lösungen, die das Potential des Internets über das bekannte Maß hinaus ausschöpfen. Wir haben, wie schon erwähnt, Lecturio, eines der größten eLearning-Portale in Deutschland, für eine Zusammenarbeit gewinnen können.

Daneben ist aber natürlich der direkte Kontakt zu ruandischen Unternehmern wichtig. Das ist nicht nur für die Vermittlung von Wirtschaftswissen notwendig, sondern im Speziellen auch, um die Leute vor Ort bei konkreten Problemen und Herausforderungen unterstützen zu können. Dafür ist das direkte Gespräch vor Ort unabdingbar. Das wollen wir den Unternehmern bieten – und zwar unkompliziert und kostenlos.

HERR HARTWEG, SIE HABEN VORHIN DAVON GESPROCHEN, DASS DER AUFBAU EINER VERTRAUENSBEZIEHUNG EIN ZENTRALES ANLIEGEN IST. DAS NEHMEN SICH AUCH GROSSE UNTERNEHMEN VOR, WENN SIE WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN ZU EINEM FREMDEN LAND AUFNEHMEN WOLLEN – UND SCHEITERN DANN AN UNÜBERWINDBAREN KULTURELLEN DIFFERENZEN. WIE WOLLEN SIE ES SCHAFFEN, DASS DIESER FAKTOR KEINE GEWICHTIGE ROLLE MEHR SPIELT

Maximilian Hartweg: Wir sind uns dieses Faktors durchaus bewusst. Bevor die Studierenden nach Afrika reisen, werden wir Schulungen organisieren und Informationsmaterial aushändigen und darin auf zentrale kulturelle Unterschiede aufmerksam zu machen. Die Teilnehmer sollen wissen, was sie erwartet. Diese Verantwortung haben wir ihnen gegenüber.

SEHEN SIE IDEAS IN MOTION ALS ENTWICKLUNGSHILFEPROJEKT?

Maximilian Hartweg: Das Ziel von Ideas in Motion ist es, die wirtschaftliche Situation von Unternehmern in Ruanda zu verbessern. Allerdings geht es dabei um Hilfe zur Selbsthilfe. Wir wollen die Unternehmer, soweit wir das können, mit den notwendigen Werkzeugen ausstatten – die sie dann wiederum selbst verwenden, um das eigene Unternehmen wachsen zu lassen.

Gerwin Fels: Es ist alsoweniger klassische Entwicklungshilfe, als Bildungsunterstützung, die wir zukommen lassen wollen. Im Zuge dieser Unterstützung kommt es hoffentlich zu kulturellem Austausch und dem Abbau von Berührungsängsten.