IT, Mobilität und Technologie
Wirtschaft und Management
Spieglein, Spieglein an der Kabinenwand
von Redaktion, am 01.07.2013
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von Redaktion, am 01.07.2013
Der stationäre Handel befindet sich in der Krise: Shoppen im Internet ist bequemer, Verkaufsfilialen werden nur noch zu Beratungszwecken genutzt. Deshalb müsse Einkaufen wieder zum Erlebnis werden, fordert Maximilian Hartweg, Student an der Hochschule Fresenius München. In seinem Essay „Einzelhandel 2.1“ entfaltet er hierzu ein neues Konzept – ein präparierter Spiegel nimmt dabei eine zentrale Rolle ein. Die Juroren des Nachwuchs-Wissenschaftspreises der HS Fresenius München hat er damit überzeugt: Sie kürten Hartweg zum Sieger des Wettbewerbs.
Unter deutschen Händlern halten sich die Pessimisten hartnäckig: Laut einer im Mai 2013 erschienenen Studie des Kölner Instituts für Handelsforschung beurteilt rund ein Drittel der Befragten die Geschäftslage im stationären Einzelhandel negativ – und das mehr oder weniger konstant über den Zeitraum des vergangenen Jahres. Ein Hauptgrund für die schlechte Stimmung: Die Leute kommen zwar noch in den Laden, gekauft wird aber im Internet. Für den Händler eine undankbare Situation: „Er investiert in sein gut ausgebildetes Personal und am Ende kauft der Kunde woanders“, analysiert Stefan Hertel vom Handelsverband Deutschland. Verkommt die Verkaufsfiliale zum bloßen „Showroom“?
Um Auswege aus der Krise aufzuzeigen, war der Nachwuchs-Wissenschaftspreis der HS Fresenius München in diesem Jahr dem Thema „Zukunft des Einkaufens“ gewidmet. Studierende aus ganz Deutschland konnten zwischen März und April 2013 ihre Essays einreichen und darin Verbesserungsmöglichkeiten vorstellen. Der Gewinner des Wettbewerbs sollte auf dem Zukunftsforum im Mai bekannt gegeben werden.
In der Rubrik „Fresenius-Kopf des Monats“ werden Personen porträtiert, die sich auf dem Gebiet der angewandten Wissenschaften hervorgetan haben oder den Fachbereich in besonderer Weise unterstützen und mit ihren Ideen verändern. So kann die Veröffentlichung einer Forschungsarbeit genauso Anlass für ein Porträt sein wie Innovationen in der Lehre, Dienstjubiläen, überdurchschnittliches Engagement, herausragende studentische Leistungen sowie bemerkenswerte Werdegänge von Absolventen.
Bislang in dieser Rubrik erschienen:
Maximilian Hartweg war es schließlich, der die Jury am meisten überzeugen konnte und dort geehrt wurde. Der 23-jährige Student der HS Fresenius verwies mit seinem Konzept „Einzelhandel 2.1“ die Konkurrenten von der Fernuni Hagen und der LMU auf die Plätze zwei und drei. Dass hier niemand aus den eigenen Reihen bevorzugt wurde, stellte Prof. Dr. Stefan Wiedmann, Prodekan der HS Fresenius München, bereits vor der Preisvergabe klar: „Die Aufsätze wurden der Jury in anonymisierter Form vorgelegt. Zudem sind drei der fünf Juroren gar nicht an der HS Fresenius beschäftigt.“ Mit Markus Hinz, Director Local Industries bei Google, Erik Walter, Bereichsleiter Verkauf bei SportScheck, und Wolfgang Twardawa, Marketingleiter der Gesellschaft für Konsumforschung, hatte man nämlich drei kompetente Praktiker für die Sache gewinnen können. Letztgenannter durfte dann auch gleich die Laudatio für den Sieger halten und lobte Hartwegs Ansatz darin als „revolutionär und wegweisend für den Handel.“
Was hatte Twardawa und seine Jury-Kollegen so begeistert? Es ist die Idee, den stationären Handel mit dem Mitmach-Internet zu verknüpfen. Hartweg beschreibt in seinem vierseitigen Essay, wie dank sozialer Netzwerke aus dem gewöhnlichen Einkaufserlebnis eine „Version 2.1“ wird. Kern des Konzepts ist dabei die Idee des Social Mirror. Dieser sei zu verstehen als ein „im Shop installierter Spiegel, der mit ausgefeilter Technik ausgestattet ist.“ Zu dieser technischen Ausstattung zählt auch eine Kamera. Sie lichtet den Kunden zum Beispiel beim Anprobieren eines neuen Kleidungsstücks ab und verbreitet das Bild – sofern vom Kunden gewünscht – sofort auf virtuellen Wegen weiter. Das Bild gelangt so in die Sozialen Netzwerke, wo es eine unmittelbare Reaktion auslöst. Die Verkaufsfiliale werde auf diese Weise zur „Bühne“ für ein virtuelles Publikum, heißt es in dem Aufsatz. Je nachdem, ob dieses Publikum nun applaudiert oder ein Pfeifkonzert anstimmt – was Mitglieder Sozialer Netzwerke üblicherweise in Form von Likes oder negativen Kommentaren ausdrücken –, wird auch die Kaufentscheidung ausfallen.
„Das Einkaufen wird durch das unmittelbare Feedback von Freunden und Bekannten zu einem emotionalen Erlebnis“, ist sich Hartweg sicher. Er glaubt, dass in der Folge auch wieder mehr Menschen ihr Geld bei den stationären Händlern lassen werden – und liefert auch gleich die Begründung: „In emotionalen Momenten denkt der Kunde nicht über Geld nach, die Kaufentscheidung fällt ihm leichter.“
Natürlich habe das Internet als Einkaufsort weiter seine Vorzüge, so der 23-Jährige. Einer der offensichtlichsten: Online-Shopping ist bequemer. Man muss nicht durch überfüllte Fußgängerzonen hasten und an Wühltischen um das größte Schnäppchen konkurrieren. Stattdessen sitzt man gemütlich auf der Couch, hat den Laptop auf dem Schoß und sucht auf Ebay oder Amazon nach dem gewünschten Produkt.
Mit ihm physisch in Berührung kommen, kann der Käufer dabei allerdings nicht. Für Maximilian Hartweg genau der Vorteil auf Seiten des stationären Handels: „Der Mensch verlangt nach Haptik – und die bekommt er nur in der Filiale.“ Wenn nun auch noch die Atmosphäre stimmt und dank des Social Mirror das Bedürfnis nach sozialem Feedback befriedigt wird, kann der Einzelhandel wieder erfolgreich sein.
Daran glaubt auch die Digital-Marketing-Agentur iCrossing, für die Hartweg als Werkstudent tätig ist. Gemeinsam mit der Agentur möchte Hartweg nun Ideen zur Umsetzung seines Konzepts entwickeln – um den stationären Handel in das Zeitalter des „Einzelhandel 2.1“ zu führen.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
Meinen herzlichen Glückwunsch an den Preisträger zu dieser hervorragenden Leistung!