Wirtschaft und Management
Was in der digitalen Wirtschaft wichtig ist, Teil 2
von Redaktion, am 21.01.2015
Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 21.01.2015
Wenn das alte Netzteil plötzlich nicht mehr zum neuen Computer passt oder ein Mediendienst von heute auf morgen eine Paywall einführt – immer dann setzen Unternehmen auf das Schikane-Prinzip. Es bringt Kunden dazu, über neu geschaffene Kostenhürden zu springen. Gerade in der digitalen Wirtschaft ist man damit ziemlich erfolgreich, wie Prof. Dr. Yorck von Borcke, Studiendekan Media Management & Entrepreneurship an der Hochschule Fresenius Hamburg, in seinem neuen Buch „Think new! 22 Erfolgsstrategien für das digitale Business“ berichtet. Teil 2 der Mini-Serie.
Besitzer älterer MacBook-Modelle kennen das Problem: Das Netzteil gibt nach einigen Jahren den Geist auf. Also sucht man das Elektronik-Geschäft seines Vertrauens auf und kauft sich ein neues. Wieder zuhause, möchte man sein MacBook mit Strom versorgen – doch das Netzteil passt nicht in den dafür vorgesehenen Schacht!
„Apple hat von Anfang an auf diese Strategie gesetzt: Zu jedem neuen Modell werden auch neue Peripheriegeräte auf den Markt gebracht. Die alten Kabel passen nicht mehr zu den neuen Geräten, die alten Geräte nicht mehr zu den neuen Kabeln“, erklärt Prof. Dr. Yorck von Borcke, Studiendekan Media Management & Entrepreneurship an der Hochschule Fresenius Hamburg. Diese Strategie sei ein typisches Beispiel für den Einsatz des Schikane-Prinzips: „Apple versteht es, seine Marktmacht so zu nutzen, dass Kunden bereitwillig neu geschaffene Kostenhürden – zum Beispiel die notwendige Neuanschaffung eines Netzteils betreffend – überspringen“, erklärt der Medienprofessor.
Das Schikane-Prinzip setzt dabei auf die Wirkungsweise des Lock-in-Effekts: Zum einen wird der Apple-Kunde mit großer Sicherheit auf den Wechsel zu einem Mitbewerber verzichten, da dieser ihn aufgrund der hohen Transaktionskosten (z.B. Informations- und Umgewöhnungskosten) teuer zu stehen kommen würde. Zum anderen befinden sich im persönlichen Umfeld des Apple-Nutzers womöglich viele weitere Kunden des Technologie-Unternehmens, mit denen er über die verschiedenen Applikationen seines Apple-Geräts Kontakt hält, Daten oder Dokumente austauscht. „Je mehr Kunden das Produkt nutzen, umso stärker ist dieser sogenannte Netzeffekt, der durch Beziehungen der Nutzer untereinander entsteht und den Wechsel zu Konkurrenzprodukten erschwert“, führt von Borcke aus.
Auf diese Weise binde das Unternehmen den Kunden fest an sich und seine Produkte, „man könnte fast sagen, es kettet den Kunden fest“, so von Borcke und ergänzt: „In dieser Lock-in-Situation ist er dann eben auch bereit, Schikanen in Form von zusätzlichen Kosten in Kauf zu nehmen.“
Vor allem in der digitalen Wirtschaft, so schreibt es von Borcke in seinem Buch „Think new! 22 Erfolgsstrategien für das digitale Business“, macht man sich das Schikane-Prinzip häufig zunutze. Im Buch heißt es: „Digitale Unternehmen gewinnen über kostenlose Angebote bei einer Markteinführung oftmals schnell Marktanteile und können als First Mover den Markt besetzen. Nutzen dann Millionen von Usern das digitale Produkt, werden Schikane-Prinzipien eingesetzt, die die kostenlose Version für den Nutzer zunehmend unattraktiv machen und sie zu Bezahlkunden werden lassen.“
Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Streaming-Dienst Spotify. Mit seinem Angebot, kostenlos online Musik zu hören, hat es das Unternehmen in wenigen Jahren geschafft, über 20 Millionen Kunden zu gewinnen. Ein kostenpflichtiges Abo haben dabei allerdings nur rund 20 Prozent der Nutzer abgeschlossen. Nun setzt Spotify auf das Schikane-Prinzip, um das Geschäftsmodell ertragreicher zu machen: Eine Paywall beschränkt die freie Nutzungszeit auf wenige Stunden im Monat, zudem werden maximale Abspielgrenzen pro Song implementiert – nach fünfmaligem Hören eines Songs ist in der Free-Version Schluss. Wer mehr will, muss zahlen – und dank der Wirkungsweise des Lock-in-Effekts wird er das vermutlich auch tun.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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