Medien
Wirtschaft und Management
Was in der digitalen Wirtschaft wichtig ist, Teil 3
von Redaktion, am 30.01.2015
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Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 30.01.2015
Was in der Filmbranche funktioniert, klappt auch im Digital Business: Beim Blockbuster-Prinzip konzentriert man sich auf die Vermarktung einiger weniger Produkte – und fährt damit einen Großteil des Gewinns ein. Prof. Dr. Yorck von Borcke, Studiendekan an der Media School der Hochschule Fresenius Hamburg, erklärt ein weiteres Erfolgsprinzip für die digitale Wirtschaft. Der dritte und letzte Teil unserer Mini-Serie.
Die Nominierungen für die Oscar-Verleihung im kommenden März stehen fest. Für viele enttäuschend: Interstellar, einer der Blockbuster des Jahres 2014 und laut der Filmdatenbank IMDb einer der 20 besten Filme der Geschichte, taucht auf der Liste der Academy of Motion Picture Arts and Sciences nicht auf. Das vielgelobte Weltraum-Epos, mit Matthew McConaughey in der Hauptrolle, hatte im letzten Jahr über 670 Millionen US-Dollar eingespielt. Der Film zählt damit zu den nach Einspielergebnis 100 erfolgreichsten Filmen aller Zeiten.
Angesichts dieses Erfolgs können die Produzenten des Films wohl getrost über die Nichtberücksichtigung bei den Oscars hinwegsehen. Denn bei einem so teuren Film – für Interstellar fielen rund 165 Millionen US-Dollar Produktionskosten an – ist eine hohe Einspielsumme durchaus zentrales Kalkül: „Die großen Filmstudios haben über die Jahrzehnte gelernt, dass ein Super-Hit im Jahr ausreicht, um das ganze Geschäftsjahr zu retten“, so Prof. Yorck von Borcke von der Hochschule Fresenius Hamburg. Die Studios versuchten deshalb, den Großteil ihres Budgets auf nur wenige Top-Filme zu verteilen, um dann mit Marketing-Maßnahmen nachzuhelfen, dass die Filme auch ein Erfolg werden. „Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Blockbuster-Prinzip“, weiß von Borcke.
Das Prinzip basiere auf den Ideen der Aufmerksamkeitsökonomie, erklärt der Medienprofessor in seinem Buch „Think new! 22 Erfolgsstrategien für das digitale Business“. Dort schreibt er: „Über 150 neue Kinofilme buhlen jedes Jahr um die Gunst der Zuschauer. Wenn man weiß, dass ein Großteil der Bundesbürger nur ein- bis zweimal im Jahr ins Kino geht, kann man den Kampf um die Aufmerksamkeit nur mit massentauglichen Filmen (…) gewinnen.“
Zu wenig Aufmerksamkeit für zu viele Produkte – das ist auch ein Problem des Digital Business. Niemand ist in der Lage, alle knapp zwei Millionen Wikipedia-Artikel zu lesen. Niemand schafft es, die rund sechs Milliarden Stunden Videomaterial auf YouTube komplett zu sichten. „Das Angebot ist einfach zu groß. Im Digitalbereich muss man deshalb mit Hilfe des Blockbuster-Prinzips versuchen, Nutzer anzulocken“, empfiehlt von Borcke. Denn am Ende gelte dort – wie auf vielen übersättigten Märkten auch – das Pareto-Prinzip: „20 Prozent der vertriebenen Produkte holen 80 Prozent der Gewinne ein“, erklärt der Medienprofessor. Auf diese 20 Prozent müsse man sich konzentrieren und überdurchschnittliche Vermarktungsanstrengungen auf sie verwenden, um die Aufmerksamkeit zu erhöhen.
Im Internet funktioniere das dank technischer Hilfsmittel schon sehr gut, berichtet von Borcke weiter: „Die Algorithmen, die Software, hinter den großen Plattformen wie Amazon oder Google, verstärken den Konzentrationsprozess – es wird nur das top-gerankt, was die Masse der Menschen sucht.“ Nischenangebote, der sogenannte Long-Tail, verschwänden dagegen in die hintersten Reihen der Suchergebnisse und würden nur schwer entdeckt.
Auch YouTube setzt auf das Blockbuster-Prinzip, um die quantitative und qualitative Reichweite zu erhöhen und damit für große Werbekunden attraktiv zu werden. In von Borckes Buch heißt es dazu: „YouTube verfolgt diese Konzentrationsstrategie auf die Top-Videos mittlerweile konsequent und baut mit großer Marketingunterstützung sogenannte Original Channels auf, in denen Superstars wie Madonna, Sportgrößen wie Shaquille O’Neal und Premium Formate wie Saturday Night Live zugekauft und promotet werden.“
Insgesamt, so fasst es von Borcke im Gespräch mit adhibeo zusammen, sei das Blockbuster-Prinzip mittlerweile ein zentrales ökonomisches Erfolgsprinzip im digitalen Geschäft. Er gibt aber zu bedenken: „In Bezug auf die Produkt- und Meinungsvielfalt ist diese Entwicklung durchaus kritisch zu sehen.“
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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