Psychologie und Wirtschaftspsychologie

„Der gemeinsame Konsens ist das Entscheidende“

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von Redaktion, am 14.02.2017

Wie jedes Jahr werden am 14. Februar wieder Millionen von Blumensträußen und Süßigkeitenherzen als Liebesbeweise überreicht. Valentinstag: Ein Fest der Liebe, ein Fest für den Handel. Doch trotz der Kritik gegen die kommerzielle Ausnutzung dieses Tages: er kann für eine Liebesbeziehung durchaus eine Funktion haben, wie Prof. Dr. Simon Hahnzog im folgenden Interview erläutert.

Am Valentinstag schenken Liebende einander Blumen oder Süßigkeitenherzen. Aus psychologischer Sicht: Wie wichtig ist es, seiner Liebe zu jemand anderem Ausdruck zu verleihen, indem man etwas schenkt?

Schenken bedeutet ja immer, dass man etwas investiert. Ob das nun Geld, Zeit oder eine körperliche oder geistige Leistung ist, spielt in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Im Sinne der Austauschtheorie ist es von Bedeutung, dass der Schenkende für sein Geschenk auch eine gewisse Gegenleistung erwartet. In einer Beziehung kann das – wie am Valentinstag vielleicht üblich – ebenfalls ein Geschenk sein. Es kann aber auch so etwas wie Nähe oder Anerkennung sein.

Das Problem in dieser Angelegenheit bleibt jedoch: Die Bewertung eines Geschenks ist sehr subjektiv. Während der Schenkende sehr stolz ist und glaubt, das richtige Geschenk gefunden zu haben, ist der Beschenkte vielleicht enttäuscht. Hier einen gemeinsamen Konsens zu finden, erhöht die Wahrscheinlichkeit für das erfüllte Liebesglück am Valentinstag. Verliebte Schenker sollten sich also Gedanken darüber machen, was den Liebsten oder die Liebste freut.

Eine weitere Sache möchte ich hier auch aus meiner Erfahrung als Paartherapeut anfügen. Egal, wie viel Mühe man sich mit seinem Geschenk gemacht hat: Ist beim Gegenüber die Liebe nicht mehr vorhanden, kann man sie durch ein Geschenk nicht mehr zurückholen. Der berühmte Psychologe Paul Watzlawick spricht in dem Zusammenhang vom „Liebe mich“-Paradoxon: Ich kann von meinem Partner verlangen, dass er zuhört, Kaffee kocht oder den Müll rausbringt – dass er oder sie Liebe für mich empfindet, kann ich jedoch nicht verlangen oder gar einfordern.

Geburtstag, Weihnachten, Valentinstag – wir schenken unserem Partner meist etwas, wenn es ein Anlass erfordert. Wie wichtig ist es für eine Liebesbeziehung, dass man sich ab und an auch mal anlasslos Geschenke macht?

Ich denke, in einer Beziehung ist es vor allem wichtig, eine Übereinkunft darüber zu treffen, wie viele und welche Geschenke – ob sie jetzt anlassbezogen sind oder nicht – man sich gegenseitig macht. In glücklichen Beziehungen verhält es sich so, dass dieses Verhältnis ausgewogen ist, der eine dem anderen also genauso viele Geschenke macht wie umgekehrt.

Ich erlebe es allerdings auch immer wieder, dass sich dieses Verhältnis von Geben und Bekommen von außen gesehen in einer Schieflage befindet. Der eine schenkt also viel häufiger als der andere – und trotzdem ist es für beide in Ordnung. Wie gesagt, der gemeinsame Konsens ist das Entscheidende.

Was bei einem anlasslosen Geschenk allerdings durchaus stärker vorhanden ist, ist die intrinsische Motivation. Der Partner schenkt aus eigenem Antrieb und nicht aus einer äußeren Verpflichtung wegen eines bestimmten Datums – und dies wird vom Gegenüber meist doch ein bisschen mehr honoriert.

Während die einen ihre Liebe feiern, blasen die anderen Trübsal: Für Menschen, die derzeit auf der Suche nach einem Partner sind, ist der Valentinstag kein schönes Datum. Was sollte man an diesem Tag unternehmen, damit die Trauer nicht zu groß wird?

Das Sinnvollste ist wohl, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und an diesem Tag eine möglichst große Distanz zu verliebten und Herzchen verschenkenden Paaren zu halten. Schließlich wird man in deren Gegenwart ständig an die eigene Situation erinnert – und einen Partner findet man so auch nicht.

Viele suchen an diesem Tag ihr Heil im Internet: Online-Dating-Portale verzeichnen rund um den Valentinstag Rekordnutzerzahlen. Online-Dating – ist das der richtige Weg, dem Single-Leben schnell ein Ende zu bereiten?

Ein Riesenvorteil des Online-Datings ist es, dass man hier die räumliche Dimension ein bisschen austricksen kann. Denn dort, wo ich wohne, ist die Auswahl an potentiellen Partnern möglicherweise begrenzt – vor allem, wenn ich obendrein in meinem persönlichen Umfeld sehr viele Paare habe. Im Internet ist die Auswahl viel größer und ich kann auch mit jemandem flirten, der 50 Kilometer weit weg wohnt.

Außerdem weiß ich, dass mein Gegenüber im Chat eben selbst auch auf der Suche nach einem Partner ist. Ich befinde mich also unter Gleichgesinnten, was die Gefahr schmälert, dass man ablehnend auf mich reagiert und ich einen Korb kassiere, wie es vielleicht auf einer Party der Fall ist. Dass der Kontakt außerdem mittelbar über ein Medium stattfindet, tut sein Übriges: Hier habe ich einen gewissen Schutzwall, der mir Sicherheit und Selbstvertrauen verleiht.

Prof. Dr. Simon Hahnzog ist Wirtschaftspsychologe an der Hochschule Fresenius München und unterrichtet dort unter anderem die Fächer Sozi-alpsychologie, Kommunikationspsychologie und Organisationspsycholo-gie. Seit 2005 ist er Geschäftsführer der hahnzog Organisationsberatung.

Über den Autor

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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