Gesundheit, Therapie und Soziales

Wirtschaft und Management

„Viele Migranten suchen bei gesundheitlichen Problemen die Notaufnahmen von Krankenhäusern auf“

von Redaktion, am 17.04.2015

Nicht nur in der Politik, auch im Gesundheitswesen steht das Thema Integration hoch im Kurs. Denn die medizinische Versorgung von Personen mit Migrationshintergrund gestaltet sich aufgrund sprachlicher und kultureller Missverständnisse mitunter schwierig. Doch Investitionen, um diesen Missverständnissen entgegenzutreten, lohnen sich, meint Prof. Dr. Andreas Beivers, Studiendekan des Bachelor-Studiengangs Management und Ökonomie im Gesundheitswesen an der Hochschule Fresenius München.

Darüber, wie mit Flüchtlingen und Asylbewerbern verfahren werden soll und wie man diese Menschen in Deutschland integrieren kann, wird hierzulande seit vielen Jahren diskutiert. Leider zeigen Ereignisse wie der Brandanschlag in Tröglitz Anfang April in trauriger Regelmäßigkeit, dass bei dieser Thematik immer noch Fremdenhass und Vorurteile eine große Rolle spielen. Es scheint, als träten Teile unserer Gesellschaft auf der Stelle. Es bleibt für die Politik eine große Herausforderung, das zu ändern. Auch im Gesundheitswesen gibt es Handlungsbedarf – denn auch Flüchtlinge brauchen eine adäquate medizinische Versorgung.

Absolut richtig. Die medizinische Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern wird in der Gesundheitsökonomie unter dem Oberbegriff „Transkulturelle Medizin“ diskutiert. In diesem Forschungszweig beschäftigt man sich damit, wie man Bedingungen schaffen kann, damit Flüchtlinge, vor allem aber damit Migranten, im Krankheitsfall richtig versorgt werden.

Viele Migranten sind beispielsweise poliklinische Versorgungsstrukturen gewohnt, weshalb sie bei gesundheitlichen Problemen häufig die Notaufnahmen von Krankenhäusern aufsuchen. Dort sind die Krankenhausmitarbeiter dann oft mit einer Vielzahl von Sprachen und Lebensstilen, kulturbedingten Sichtweisen auf Krankheiten, Krisen oder sozialen Problemen und anderen komplexen Herausforderungen konfrontiert. Darauf muss man entsprechend vorbereitet sein.

Welche Maßnahmen muss man treffen, um auf die Bedürfnisse von Migranten einzugehen?

Neben Dolmetscherdiensten ist es wichtig, gezielte Schulungen in den Krankenhäusern anzubieten. Das führt natürlich zu einem Mehraufwand und steigenden Kosten. Es sollte daher diskutiert werden, wie dieser Mehraufwand geleistet werden kann. Denn am Ende lohnen sich die zusätzlichen Ausgaben durchaus: Wird eine Person mit Migrationshintergrund im Krankenhaus angemessen und in einer für sie verständlichen und damit nachvollziehbaren Weise behandelt, steigt das Vertrauen in die Behandlung – und das wirkt sich positiv auf den Heilungsprozess aus, wodurch die Kosten der Behandlung sinken. Man spricht in diesem Zusammenhang von Compliance, ein Phänomen, das ganz allgemein auftritt und wissenschaftlich ziemlich gut belegt ist.

Darüber hinaus machen die genannten Maßnahmen unser Gesundheitssystem natürlich auch fit für Zukunft. Zuwanderung bleibt ja vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ein Dauerthema.

Gibt es ein europäisches Land, das beim Thema Transkulturelle Medizin als Vorbild gelten kann?

Die Österreicher sind hier sehr weit. Dort wird  in der gesundheitsökonomischen Fachwelt sehr intensiv über Transkulturelle Medizin diskutiert. Die Universität Wien bietet außerdem den interdisziplinären Master-Studiengang Transkulturelle Medizin und Diversity Care an, um für Qualifizierung in diesem Bereich zu sorgen.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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