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Wirtschaft und Management

Krank ohne Meldung

von Redaktion, am 17.03.2017

Dass Angestellte sich krankmelden und dem Arbeitsplatz fernbleiben, obwohl sie gar nicht krank sind, ist bekannt. Dass Angestellte sich nicht krankmelden und zur Arbeit erscheinen, obwohl sie krank sind, wird dabei häufig vergessen. In der Psychologie diskutiert man dieses Phänomen unter dem Begriff „Präsentismus“. Ann Cathrin Bach, Absolventin der Hochschule Fresenius Köln, hat es zum Thema ihrer Masterthesis gemacht.

Gerade jetzt im Frühling, wenn es tagsüber oft schon sommerlich warm ist, die Nächte aber weiterhin sehr kalt sind, schwappt üblicherweise nochmal eine Erkältungswelle über Deutschland hinweg. Doch trotz tropfender Nase oder lautem Reizhusten erscheinen auch dieser Tage wieder viele kranke Angestellte bei der Arbeit – obwohl sie ihre Erkältung eigentlich besser zuhause auskurieren sollten.

In der Psychologie bezeichnet man dieses Verhalten als Präsentismus. Ein Phänomen, das bisher ziemlich wenig erforscht ist – und das von Arbeitgebern durchaus kritisch beäugt wird. Denn schließlich ist man sich einig, dass ein kranker Mitarbeiter nicht wirklich produktiv sein kann. Vielleicht trifft er sogar teure Fehlentscheidungen oder verursacht Unfälle – und steckt dabei auch noch seine Bürokollegen an. Doch wie können sich Arbeitgeber davor schützen? Wo liegen die Ursachen für Präsentismus und wie kann man diesem Verhaltensmuster entgegenwirken?

Ann Cathrin Bach, Absolventin der Hochschule Fresenius Köln, hat in ihrer Masterarbeit versucht, diese Fragen zu beantworten. Wie die Ergebnisse ihrer Umfrage unter Arbeitnehmern verschiedenster Branchen zeigen, lassen sich zunächst fünf Motive für Präsentismus identifizieren: Kollegialität, die Wahrung des sozialen Ansehens, das Pflichtgefühl gegenüber der Arbeit selbst, die Furcht vor negativen Konsequenzen und Ablenkung.

Geht es in Organisationen gerecht zu, tritt Präsentismus vergleichsweise seltener auf

Ein weiterer interessanter Befund: In Organisationen, die von den Angestellten als gerecht wahrgenommen werden, ist Präsentismus seltener zu beobachten. Der Grund: Je fairer und transparenter Vergütungsstrukturen, Entscheidungsprozesse und Informationsfluss eingeschätzt werden, desto weniger machen sich die Mitarbeiter Sorgen, ihre krankheitsbedingte Abwesenheit könnte ihrem guten Ruf bei Vorgesetzten und Kollegen schaden oder negative Konsequenzen, wie zum Beispiel eine schlechte Leistungsbeurteilung oder gar eine Kündigung, nach sich ziehen.

Für Prof. Dr. Katja Mierke, Psychologin an der Hochschule Fresenius Köln und Betreuerin der Masterarbeit, ist vor allem der neu konzipierte Fragebogen ein gewinnbringendes Instrument. „Mithilfe der Skala können sowohl Arbeitnehmervertreter als auch Arbeitgeber Motive für Präsentismus ermitteln und daraus passende Handlungsmöglichkeiten ableiten. Je nach Ergebnis können sie dann an den Werten und Normen der Belegschaft ansetzen, für mehr Personal bzw. klare Vertretungsregelungen sorgen oder einen gerechten und gesunden Führungsstil stärken“, so Mierke.

Die innerorganisationale Gerechtigkeit zu steigern und dadurch die Ursachen für Präsentismus zu bekämpfen, zahlt sich für die Unternehmen am Ende natürlich aus: Mitarbeiter, die bei Krankheit eher zu Hause bleiben, sind langfristig gesünder, zufriedener und arbeiten produktiver.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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