Wirtschaft und Management
Nachhaltige Zeiten
von Redaktion, am 07.01.2014
Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 07.01.2014
Das neue Jahr ist erst einige Tage alt, doch es ist absehbar, dass auch 2014 wieder im Zeichen der Nachhaltigkeit stehen wird. Konsum, Lebensweise oder Unternehmensführung – kaum noch traut man sich, diese Wörter ohne den Zusatz „nachhaltig“ in der Öffentlichkeit auszusprechen. So groß ist der Druck, den wichtige gesellschaftliche Akteure hier aufbauen. Diesem Druck geben auch die großen deutschen Unternehmen nach, wie Studierende der Hochschule Fresenius Köln herausgefunden haben. Im Rahmen einer Seminararbeit haben die Internetauftritte der 30 DAX-Unternehmen analysiert – und viele Stellen gefunden, an denen auf das Thema Nachhaltigkeit eingegangen wird.
Die Feiertagsruhe ist vorüber, auch für die Mitglieder der Großen Koalition. Hörbar haben sie dieser Tage die Regierungsgeschäfte aufgenommen, nach den längsten Koalitionsverhandlungen in der Geschichte der Bundesrepublik. Das Ergebnis dieser langen Verhandlungen ist ein 178 Seiten starker Koalitionsvertrag, in dem die wesentlichen Ziele für die anstehende 18. Legislaturperiode formuliert sind.
Wie zu erwarten war, sind diese Ziele häufig mit dem Begriff „Nachhaltigkeit“ verknüpft: An 68 Stellen werden die Wörter „nachhaltig“ oder „Nachhaltigkeit“ in dem richtungsweisenden Dokument erwähnt, also auf rund jeder dritten Seite. Schon im Koalitionsvertrag der zurückliegenden Legislaturperiode, aufgesetzt im Jahr 2009, fanden sich diese Wörter – hier sogar auf jeder zweiten Seite.
Nachhaltigkeit – ein Begriff, der also längst fester Bestandteil politischer Kommunikation geworden ist. Doch nicht nur dort hat er seinen Platz gefunden, sondern auch in der Alltagssprache der Deutschen, wie eine Google Trends-Analyse verdeutlicht.
„Der Begriff ist längst kein Modewort mehr“, sagt auch Prof. Peter Bak, Wirtschaftspsychologe an der Hochschule Fresenius Köln. Nach seinem Dafürhalten ist Nachhaltigkeit vielmehr eine Art „menschliche Pflicht“ geworden. In diesen Chor stimmen in Zeiten des Klimawandels und der Ressourcenknappheit viele wichtige gesellschaftliche Akteure mit ein, neben Wissenschaftlern und Politikern eben auch Medienvertreter oder NGOs. Adressaten ihrer Botschaften sind dabei vor allem Unternehmen. Denn sie bestimmen als Produzenten und Anbieter von Waren und Dienstleistungen natürlich mit, ob das Prinzip der Nachhaltigkeit auch großflächig angewendet wird.
Genau an dieser Stelle hat nun Prof. Bak in einem seiner Seminare an der Hochschule Fresenius Köln angesetzt und vier Studierende im 4. und 5. Semester damit beauftragt, die Internetauftritte der 30 DAX-Unternehmen genauer zu untersuchen. „Die Studierenden sollten herausfinden, in welchen Unternehmen Nachhaltigkeitsbemühungen vorhanden sind und wie diese im Internet kommuniziert werden“, erläutert Bak.
Zum Erstaunen seiner Studierenden sind die 30 DAX-Unternehmen hier ziemlich aktiv: „Ich hätte nicht gedacht, dass Nachhaltigkeitsbemühungen in diesem Ausmaß stattfinden“, fasst Mirjam Mertel, Studentin Medien- und Kommunikations- management und Mitglied der Gruppe, die Ergebnisse der Analyse zusammen. Immerhin 26 von 30 Unternehmen präsentieren auf ihrer Internetseite ökologische Kennzahlen. Eben so viele Unternehmen orientieren sich in ihrem wirtschaftlichen Handeln an einer eigens entwickelten Corporate Social Responsibility-Strategie, deren Auswirkungen wiederum in einem öffentlich zugänglichen Report nachzulesen sind. Zumindest noch 23 der 30 DAX-Unternehmen betreiben gemeinnützige Stiftungen oder Organisationen, die sich unter anderem auch dem Thema Nachhaltigkeit verschrieben haben.
Gibt es in Sachen Nachhaltigkeit also kaum noch Nachholbedarf? Werden die großen deutschen Unternehmen in dieser Hinsicht bereits ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht? Bei der Interpretation der Ergebnisse müsse man vorsichtig sein, warnt Prof. Peter Bak: „Die Unternehmenskommunikation hat das Thema Nachhaltigkeit natürlich längst für sich entdeckt. Hier wird viel Zeit und Geld investiert, um ein nachhaltiges Image aufzubauen – unabhängig davon, ob im Unternehmen nachhaltig gedacht und gehandelt wird.“ Die veröffentlichten Informationen auf der Internetseite des Unternehmens – in der heutigen Zeit einer der zentralen Kommunikationskanäle – seien eben das Ergebnis dieser Bemühungen.
„Die Öffentlichkeit und die immer kritischeren Konsumenten haben ihre Augen natürlich vor allem auf die großen Unternehmen gerichtet, deswegen wird hier viel nach außen kommuniziert“, analysiert Bak. Dass die B2B-Unternehmen in der studentischen Studie am schlechtesten abschneiden, also dem Thema Nachhaltigkeit auf ihren Internetseiten kaum Platz einräumen, verwundert daher nicht: Hier sind die Handelspartner wenige Unternehmen und nicht unzählige Bürger, die durch Bildung, Medien und Politik längst für nachhaltiges Denken sensibilisiert wurden.
In Sachen Nachhaltigkeit bleibt also weiter einiges zu tun – natürlich auch für die neue Regierung, die ab sofort mit Taten beweisen muss, dass sie die Wörter „nachhaltig“ und „Nachhaltigkeit“ nicht zu PR-Zwecken in den Koalitionsvertrag aufgenommen hat.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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