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Wirtschaft und Management

„Wer keine Marke sein will, für den ist Facebook eher ungeeignet“

von Redaktion, am 12.09.2014

Facebook ist nicht mehr das Produkt, das internetaffine Deutsche einst feierten. Damals, im Jahr 2008, als Facebook die nationalen Ableger Sozialer Netzwerke wie studiVZ oder Lokalisten zu verdrängen begann, ging es noch darum, den Kontakt zu weit entfernt lebenden Freunden zu halten oder eine Person wieder zu finden, in die man sich verliebt hatte. Diese Nutzungsaspekte sind mittlerweile in den Hintergrund gerückt. Stattdessen wird Facebook heute überwiegend als Werbe- und Unterhaltungsplattform genutzt. Und diese Entwicklung wird sich fortsetzen: Jetzt erst entdecken auch klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) das Potential des Social Networks. Wie sieht also die Zukunft von Facebook in Deutschland aus? adhibeo hat darüber mit dem Medienökonom Prof. Dr. Dominik Große Holtforth gesprochen.

Längst sind große Unternehmen wie Coca Cola oder Nike auf Facebook aktiv. Wie beurteilen Sie es, dass jetzt auch kleinere Unternehmen nachziehen?

Aus Sicht vieler dieser Unternehmen ist das durchaus sinnvoll. Allerdings sollten deren Geschäftsführer, bevor sie sich für eine offizielle Facebook-Präsenz entscheiden, eine umfassende Analyse vornehmen. Es geht dabei im Wesentlichen um die drei Faktoren Branche, Produkt und Zielgruppe. Wenn in der Branche eine Affinität zu den Sozialen Medien vorhanden ist, das Produkt emotional genug und die Zielgruppe verstärkt auf Facebook unterwegs ist, dann macht es auch Sinn, dass man als KMU dort aktiv wird.

Für den individuellen Facebook-Nutzer bedeutet der Eintritt kleiner und mittlerer Unternehmen natürlich, dass die Kommerzialisierung von Facebook weiter voranschreitet. Aber das hat ja auch Vorteile: Man kann sich so ständig über Aktionen und Produkte des Lieblingsunternehmens – und sei es eben nur ein kleines Einzelgeschäft – informieren und ihm gleichzeitig mit einem Like anzeigen, dass man ihm treu ergeben ist.

Einige KMUs stehen Facebook immer noch skeptisch gegenüber. Meist entzünden sich Diskussionen daran, wie man den Return on Investment der Social Media Aktivitäten festlegen kann. Wie lässt sich denn nun messen, ob Unternehmenskommunikation auf Facebook auch eine Wirkung erzielt?

Natürlich stehen einem hier einfache Kennzahlen für die Erfolgsmessung zur Verfügung: die Anzahl der Likes und Kommentare oder die Häufigkeit des Teilens von Beiträgen. Allerdings lassen diese Zahlen keine Aussagen darüber zu, wie sich das zum Beispiel auf das Kaufverhalten auswirkt. Das funktioniert mit einem Dienst wie Google Adworks viel besser.

Was man aber auf jeden Fall sagen kann: Der Stream an Signalen, der von einem Facebook-Unternehmensauftritt ausgeht, ruft dem Rezipienten das Unternehmen immer wieder ins Bewusstsein. Dort fügen sich die gesendeten Informationen bestenfalls zu einem positiven Bild zusammen – ein Markenbewusstsein entsteht. Wer also gar keine Marke sein will – im Marketingjargon spricht man in diesem Zusammenhang von „No Brands“ – und einzig das Ziel hat, höhere Abverkaufszahlen zu erreichen, für den ist Facebook eher ungeeignet.

Nun haben sich ja doch schon viele Firmen dazu entschieden, auf Facebook aktiv zu werden. Beraten werden sie dabei von diversen Social Media Dienstleistern, die alle vom eigenen bahnbrechenden Konzept schwärmen. Aber ist die Facebook-Kommunikation überhaupt so kompliziert, dass man sich an teure Berater und Experten richten muss? Kann man einen Shitstorm nicht auch verhindern, wenn man seinen gesunden Menschenverstand einsetzt?

Das Überangebot an Social Media Dienstleistern ist ja zunächst einmal darauf zurückzuführen, dass es in dieser Branche keine Markteintrittsbarrieren gibt. Jeder kann heute seine eigene Beratung aufmachen, ob er nun eine Ausbildung als Systemadministrator oder ein Studium der Medienwissenschaften vorweisen kann. Das Medium ist eben für viele etwas Neues und es gibt daher auch Bedarf nach technischer Erläuterung. Aber natürlich ist hier ein gewisser Hype zu beobachten und vielleicht wird sich diese Branche demnächst wieder selbst bereinigen. Im Moment ist sie allerdings, das zeigt sich mir in Gesprächen mit Unternehmern im Bereich Social Media Consulting immer wieder, völlig ausgelastet.

Jüngere Menschen wenden sich von Facebook ab. Was glauben Sie, werden demnächst auch Ältere folgen?

Werbung ist auf Facebook mittlerweile sehr präsent und sichtbar. Es ist bekannt, dass Facebook-Nutzer eine vergleichsweise hohe Werbeaversion haben. Deshalb werden sich wohl auch einige Ältere wieder abwenden. Die Studie, auf die Sie sich aber beziehen und die ja das Ende von Facebook für das Jahr 2017 vorhersagt, bitte ich mit Vorsicht zu interpretieren. Grundlage der Untersuchung waren die Google-Suchanfragen für den Begriff „Facebook“. Weil die Häufigkeit dieser Anfragen in der jüngeren Vergangenheit zurückgegangen ist, haben die Forscher geschlossen, dass Facebook den Höhepunkt seiner Popularität bereits hinter sich hat und nun langsam ausbluten wird. Da aber die meisten Nutzer längst eine Facebook-App verwenden bzw. Facebook als Favorit im Browser festgelegt haben, erfolgt der Zugang direkt, ohne den Umweg über Google.

Ich glaube nicht an die Prognose eines baldigen Facebook-Endes. Vielmehr wird uns das Unternehmen – auch aufgrund geschickter Zukäufe – wohl noch einige Jahre begleiten.

Über den Autor

Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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