Gesundheit, Therapie und Soziales
Wirtschaft und Management
„Geringe Kultursensibilität treibt die Kosten für Diagnostik, Therapie und Pflege in die Höhe“
von Redaktion, am 13.11.2015
Gesundheit, Therapie und Soziales
Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 13.11.2015
Seit Jahren fordern Gesundheitsökonomen eine höhere Kultursensibilität des deutschen Gesundheitswesens. Aktuell werden die diesbezüglich vorhandenen Mängel durch die Flüchtlingskrise deutlich aufgezeigt. Prof. Dr. Andreas Beivers, Studiendekan Management und Ökonomie im Gesundheitswesen an der Hochschule Fresenius München, erklärt im Interview, was überhaupt unter dem Begriff Kultursensibilität zu verstehen ist und nennt Fakten zur medizinischen Versorgungssituation von Flüchtlingen.
Der Begriff bezieht sich auf die Forderung, dass man in einem Einwanderungsland – das gilt also nicht nur für Deutschland – bei der Gestaltung des Gesundheitssystems die kulturellen Befindlichkeiten und Eigenheiten von Migranten berücksichtigen sollte. Andernfalls können sprach- und kulturgebundene Barrieren zur Fehlversorgung dieser Menschen führen. Das lässt sich gerade in den Krankenhäusern immer wieder gut beobachten. Insgesamt treibt eine geringe oder nicht vorhandene Kultursensibilität die Kosten für Diagnostik, Therapie und Pflege in die Höhe und trübt das Behandlungsergebnis.
Nicht nur vor dem Hintergrund der aktuell geführten Qualitätsdiskussion im Bereich der Krankenhausversorgung, sondern natürlich auch im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise wird dieser Begriff momentan sehr kontrovers diskutiert.
Gerade Krankenhäuser in Großstädten und suburbanen Regionen sehen sich mit diesen Problemen konfrontiert. In deren Notfallambulanzen schlagen verhältnismäßig viele Menschen mit Migrationshintergrund auf, da diese teilweise keinen Hausarzt haben oder aus ihren Herkunftsländern eine poliklinische Versorgungsstruktur gewohnt sind. Deswegen sollten dort entsprechend geschulte Ärzte und Krankenpfleger vorhanden sein, bestenfalls auch Dolmetscher. Das gilt genauso natürlich für die anderen Stationen, auf denen sich aufgrund von Verständnis- und Compliance-Problemen oftmals ein erhöhter Pflegeaufwand ergibt.
Flüchtlinge, bei denen das Asylverfahren noch läuft, erhalten nach dem sogenannten Asylbewerberleistungsgesetz von 1993 nur eine medizinische Grundversorgung. Weiterführende Leistungen, wie zum Beispiel eine Operation, werden nur im Notfall zugeführt. Wann es sich allerdings um einen Notfall handelt, ist oft nicht klar. Hier müssen von den Betroffenen Anträge eingereicht werden, die wiederum am Ende vom Gesundheitsamt bewilligt oder abgelehnt werden.
Schon allein der damit verbundene bürokratische Akt ist natürlich für viele Flüchtlinge, vor allem bedingt durch die sprachlichen Probleme, eine hohe Hürde. Und wird die medizinische Leistung schließlich bewilligt, hängt es wieder von der Kultursensibilität der medizinischen Einrichtung ab, wie erfolgreich die Behandlung verläuft.
Derzeit tragen Länder und Kommunen diese Kosten. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen und eingedenk der Tatsache, dass die medizinische Versorgung von Flüchtlingen verhältnismäßig teurer ist, geraten diese aber zunehmend unter finanziellen Druck. Deshalb fordern viele Länder und Kommunen nun Unterstützung vom Bund. Wie in anderen Gesellschaftsbereichen auch müssen hier erst noch Lösungen im Umgang mit der Flüchtlingskrise gefunden werden.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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