Wirtschaft und Management
Vergesst Fukushima!
von Redaktion, am 11.04.2014
Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 11.04.2014
Drei Jahre sind seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima vergangen. In Folge des Ereignisses ließ die japanische Regierung mehrere Atomkraftwerke abschalten und legte Pläne für den Neubau von Reaktoren auf Eis. Nun wurde diese Entscheidung zurückgenommen: das japanische Kabinett billigte am Freitag eine Rückkehr zur Atomenergie. Dabei sind die Risikokosten der Technologie weiterhin immens hoch – was vor allem am Faktor Mensch liegt, wie Prof. Dr. Martin Kreeb, Energieexperte und Studiendekan Sustainable Marketing & Leadership an der Hochschule Fresenius München, weiß.
„Jede Generation muss ihre Aufgaben lösen und darf sie nicht den nachkommenden Generationen aufbürden“, so hat es die deutsche Bundesregierung im Jahr 2002 in ihrer nationalen Nachhaltigkeitsstrategie formuliert. Der Atomausstieg, den die Regierung Merkel nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima im Jahr 2011 besiegelte, war ein wichtiger Meilenstein bei der Umsetzung dieser Strategie. Denn bei fast keiner Technologie werden die Kosten so stark in die Zukunft ausgelagert wie bei der Atomenergie – das gilt vor allem für den Katastrophenfall.
„Der Boden rund um die havarierten Fukushima-Atomreaktoren wird noch viele tausend Jahre verseucht sein“, erklärt Prof. Dr. Martin Kreeb von der Hochschule Fresenius München. Der Energiespezialist leitet dort den Masterstudiengang Sustainable Marketing & Leadership und versucht seinen Studierenden immer wieder deutlich zu machen, warum nachhaltiges Denken gerade in wirtschaftlichen und technologischen Zusammenhängen so wichtig ist: „Wir haben eine Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen, immerhin befinden sich darunter ja unsere Kinder und Kindeskinder. Beachten wir die Risiken und Nebenfolgen technologischer und wirtschaftlicher Entwicklungen nur unzureichend, können wir ihnen die Welt in keinem besonders guten Zustand übergeben“, appelliert Kreeb. Ein „Weiter so“ bei der weltweiten Atomenergiepolitik lehne er deshalb ab.
Japan jedenfalls macht weiter. Die Regierung der Industrienation hat am Freitag die Rückkehr zur Atomenergie beschlossen. Man wolle damit eine Energiepolitik betreiben, „die das Leben der Menschen und wirtschaftliche Aktivität unterstützt“, erklärte ein Minister. Es wird nun erwartet, dass die 48 nach der Fukushima-Katastrophe abgeschalteten kommerziellen Atomreaktoren bald wieder ans Netz gehen. Auch Pläne zum Weiter- und Neubau von Kraftwerken, die in der Zwischenzeit auf Eis lagen, werden wohl wieder aufgenommen.
Dabei seien die Sicherheitsrisiken der Atomenergie dieselben wie noch vor drei Jahren, weiß Nachhaltigkeitsspezialist Martin Kreeb: „Das Risiko, dass es erneut zu einer Katastrophe kommt, ist weiterhin vorhanden.“ Das läge vor allem am Faktor Mensch, denn Menschen machten bei der Planung und beim Bau von Atomkraftwerken eben Fehler. „Die Analyse der Nuklearkatastrophe von Fukushima hat gezeigt, dass vor allem menschliches Versagen dafür verantwortlich war“, berichtet Kreeb. So sei zum Beispiel das zur Kühlung der Reaktoren erforderliche Notstromaggregat deswegen ausgefallen, weil es schlichtweg zu niedrig über dem Meeresspiel angebracht war und deshalb von der Flutwelle erfasst wurde.
„Als dann Lastwagen aus dem nahen Tokio ausrückten, um Ersatzaggregate zum Unfallort zu liefern, gab es kein Durchkommen: überall war Stau und Chaos, weil die Menschen nach dem Erdbeben panikartig die Flucht ergriffen“, erklärt Kreeb. Mit dem Katastrophenfall hätten sich die Betreiber des Kraftwerks eben nur oberflächlich beschäftigt, die Eintrittswahrscheinlichkeit von Risiken werde von Menschen grundsätzlich unterschätzt.
„Genau dieses Denken ist nicht auf Nachhaltigkeit ausgerichtet!“, so Kreeb. Es sei Aufgabe von Bildung und Erziehung, den Menschen ihre Denkfehler vor Augen zu führen – „damit technologische und wirtschaftliche Risiken in Zukunft ernst genommen werden.“
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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