Psychologie und Wirtschaftspsychologie

Wirtschaft und Management

„Menschen, die Angst haben, wichtige Informationen zu verpassen, schauen ständig auf ihr Handy“

von Redaktion, am 27.10.2016

Die Angst, etwas zu verpassen, ist typisch menschlich. Seit einigen Jahren rückt das Phänomen stärker in den Fokus der Wissenschaft. Auch Dr. Lisa Aelker, Dozentin an der Hochschule Fresenius Köln, hat sich in ihren Studien mit der „Fear of Missing Out“ (FoMO) beschäftigt. Im Interview erklärt sie, wie FoMO und Social Media-Nutzung zusammenhängen.

Frau Dr. Aelker, Sie beschäftigen sich in Ihrer Forschung mit dem bislang relativ wenig erforschten Phänomen „Fear of Missing Out“, also der Angst, etwas zu verpassen. Fast jedem ist dieses Gefühl der inneren Unruhe schon mal begegnet – zum Beispiel während der Studienzeit, wenn man anstatt auf eine Party zu gehen, am Schreibtisch sitzen und lernen muss. Wie ist die Fear of Missing Out, kurz: „FoMO“, wissenschaftlich definiert?

FoMO wird in der einschlägigen Literatur in der Regel tatsächlich ganz allgemein als Angst, etwas zu verpassen, definiert. Das bezieht sich aber insbesondere auch auf die Befürchtung, dass andere tollere Dinge erleben könnten als man selbst. Daher gibt es bei diesem Konzept auch einen engen Bezug zum Empfinden von Neid. Wir haben FoMO in unseren aktuellsten Studien noch einmal genauer beschrieben und in Subdimensionen unterschieden: Erstens, die Angst, wichtige Informationen zu verpassen, zweitens, die Angst, gute Erfahrungen zu verpassen und drittens, die Angst, nicht dazu zu gehören bzw. dabei zu sein.

Beschäftigen Sie sich auch mit den pathologischen Ausprägungen der FoMO? Also mit der Frage, ab wann man von einem krankhaften Ausmaß sprechen kann?

Uns interessiert vor allem die „normale“ Ausprägung bzw. Variation von FoMO. Das heißt, wir untersuchen, inwiefern FoMO beim Gros der Menschen mit anderen Variablen wie der Mediennutzung oder psychologischen Variablen zusammenhängt. Als pathologisch würde man die FoMO meines Erachtens einstufen, wenn sich Symptome einer Angststörung zeigen – das liegt aber nicht im Fokus unserer Untersuchungen.

Gerade unter den Nutzern von Social Media-Plattformen ist das Phänomen FoMO verbreitet, wie Sie in Untersuchungen herausgefunden haben. Was haben Sie hier beobachtet?

Ich würde aufgrund unserer Ergebnisse weniger behaupten, dass alle Nutzer von Social Media-Plattformen generell mehr Angst haben, etwas zu verpassen. Es zeigen sich vielmehr deutliche Korrelationen zwischen den einzelnen Dimensionen von FoMO und der Social Media-Nutzung. Das heißt, je stärker FoMO bei den einzelnen Usern ausgeprägt ist, desto länger nutzen sie Soziale Medien am Tag. Und umgekehrt: je länger sie Soziale Medien nutzen, desto mehr Angst haben sie auch, wichtige Informationen, tolle Erlebnisse oder Zeit mit den Freunden zu verpassen.

Spannend finde ich aber auch, dass unsere Daten zeigen, dass nur diejenigen, die Angst haben, wichtige Informationen zu verpassen, auch ständig auf ihr Handy schauen. Diejenigen, die Angst haben, gute Erfahrungen zu verpassen oder nicht dazu zu gehören, tun das weniger.

Auch Ihre aktuellste Studie befasst sich mit der FoMO im Kontext der Neuen Medien: es geht um die Auswirkungen geteilter Fernsehrezeption. Was haben Sie hier untersucht?

In dieser Studie ging es in erster Linie um die Frage, inwiefern FoMO auch mit Social TV zusammenhängt. Dabei handelt es sich um die mediale Interaktion zwischen räumlich getrennten Personen während des gemeinsamen Fernsehschauens. Wir sind davon ausgegangen, dass Menschen, die Angst haben, etwas zu verpassen, auch während des Fernsehens soziale Medien nutzen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Diese Annahme ließ sich durch die Ergebnisse unserer Untersuchung vorläufig bestätigen.

Über den Autor

Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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