Wirtschaft und Management

„Das ist kein normaler Nine-to-five-Job“

von Redaktion, am 12.11.2013

Was wären die Medien ohne den Boulevard? Ganz klar: weniger unterhaltsam. Klatsch, Tratsch und Prominente – darauf verzichten weder Tageszeitungen noch Fernsehsender. Auch nicht der Kölner Sender RTL, dessen Promireporter auf der ganzen Welt verstreut sind. Was man als Promireporter vor und abseits der Kamera erlebt, das durften Studierende der Hochschule Fresenius Köln vor kurzem aus erster Hand erfahren: RTL-Moderator Parviz Khosrawi erzählte im Rahmen eines Workshops von seinen Erfahrungen bei Filmpremieren und auf roten Teppichen. Für ein Interview stand er anschließend auch noch zur Verfügung – so dass nun selbst die, die nicht an dem Workshop teilgenommen haben, mehr über das Berufsfeld Boulevard lernen können. 

Sie sind ein sogenannter RTL-Promireporter. Haben Sie diesen Beruf angestrebt? Oder ist es mehr oder weniger zufällig dazu gekommen, dass Sie bei RTL und den großen Stars von Hollywood gelandet sind?

Ich war immer schon ein Filmfan – seit meiner Kindheit! Und ich habe mir schon als Jugendlicher gesagt: ich möchte unbedingt was mit Film machen. Eigentlich wollte ich nach dem Abi an die Filmhochschule gehen, wollte Regie studieren, aber damals war der deutsche Film tot. Ich wollte unbedingt etwas haben, was im Endeffekt auch ein festes Einkommen sichert. Und dann habe ich überlegt, was man noch machen kann – und bin über den Journalismus gestolpert, aber mit dem Endziel, mich eben auch meiner Leidenschaft, dem Film, zu widmen. Ich habe zunächst einmal die ganz normale Ausbildung gemacht, habe mit Praktika angefangen – erst bei der Zeitung, dann beim Radio und später beim Fernsehen. Und schließlich bin ich bei RTL gelandet und habe mich dort zum Reporter hochgearbeitet. Dort mache ich jetzt seit ungefähr zehn Jahren Film- und Promiberichte und seit eineinhalb Jahren moderiere ich auch Kino mit Parviz, ein Format, das bei RTL West läuft.

So eine von Ihnen skizzierte Filmpremiere aus Sicht eines Reporters hört sich ziemlich stressig an. Wie gehen Sie mit diesem Stress um?

Anlässlich des Twitter-Börsengangs am 07.11. hat die adhibeo-Redaktion ein Medienspezial gestartet. In insgesamt fünf Artikeln werden aktuelle Medienthemen vorgestellt und von Experten beleuchtet. Zum Auftakt sprach Prof. Dr. Dominik Große Holtforth, Studiendekan Medien- & Kommunikationsmanagement an der HS Fresenius Köln, über die Gefahren und Chancen des Twitter-Börsengangs. Das Interview mit Promireporter Parviz Khosrawi bildet Teil 2 des Spezials. Es folgen in den kommenden Tagen:

  • Nur hinterher: Wie das Wissenschafts- und Bildungssystem mit der Schnelllebigkeit der Medien umgeht
  • Druck bleibt frisch: Eine Studie der HS Fresenius belegt, dass Verlage auch zukünftig auf Printprodukte setzen wollen
  • Erweitertes Erfahren: Was uns die Augmented Reality bringt

Man muss unbedingt versuchen, innerlich ruhig zu bleiben! Denn wenn man diesen Stress auf seinen Interviewpartner überträgt, wird dieser automatisch auch nervös oder gerät selbst unter Stress. Das Wichtigste ist, eine gewisse Gelassenheit zu entwickeln. Aber ich finde, es darf gar nicht so weit kommen, dass Stress überhaupt aufkommt. Da muss dann eben die Agentur oder auch der Filmverleih als Veranstalter dafür sorgen, dass eine Premiere gut abläuft, damit es nicht nur für die Presse, sondern noch viel mehr für die Leute, die Interviews geben, also Schauspieler und Hollywood-Stars, angenehm ist.

Sie haben schon eine Vielzahl von Promis getroffen und interviewt. Sind Sie dennoch vor Interviews mit diesen bekannten Persönlichkeiten aufgeregt?

Früher war ich natürlich aufgeregt, weil das alles neu für mich war. Mittlerweile bin ich total relaxed und es ist Gewohnheit. Bei einem Star war ich sogar noch dieses Jahr aufgeregt: Arnold Schwarzenegger. Es war für mich ein Lebenstraum, ihn zu treffen. 15 Jahre musste ich warten, um dieses Interview zu kriegen. Da Arnold zehn Jahre lang Politiker war, hat es sehr lang gedauert, bis es mal wieder einen Film von ihm gab. Deshalb war dieses Interview für mich anders als mit anderen Hollywood-Stars. Da ist mittlerweile alles Routine und ich bin so entspannt, als würde ich mit einem Freund einen Kaffee trinken gehen. Man muss da einfach eine gewisse Professionalität und Sicherheit haben, denn genau das erwarten die Promis ja auch von einem Reporter. Wenn diese Voraussetzung gegeben ist, bekommt man als Reporter auch ein gutes Interview und der Prominente Werbung für seinen Film.

Was gefällt Ihnen an dem Beruf als Promireporter am Besten?

Viele interessante Menschen zu treffen. Oftmals ist es so, dass die Menschen anders sind, als man sie sich vorstellt. Es gibt Leute, von denen ich denke: „Oh, der oder die muss besonders toll sein“ – ist sie oder er aber dann doch nicht; manchmal ist sie eine Zicke oder er total langweilig. Oder man hat so richtig große Fische vor sich sitzen, von denen man eben denkt: „Robert de Niro ist bestimmt total schwierig.“ Und der ist dann aber total locker und ein super cooler Typ.

Sie sind heute hier, um den Studierenden der Hochschule Fresenius Ihren Beruf des Reporters etwas näher zu bringen. Was genau lernen die Studierenden dazu von Ihnen?

Ich habe ihnen gezeigt, wie eine perfekte Premiere aussehen würde, was man alles bedenken muss seitens einer Agentur. Um den Studierenden, die ja irgendwann auch mal in einer Presseagentur sitzen werden, schon einmal ein paar Tipps an die Hand zu geben in Bezug auf Fehler, die gerne mal passieren und von um von diesen Fehlern zu erzählen, die nicht nur die Promis verärgern, sondern eben auch die Presse. Und die Presse ist Multiplikator, sie muss über das Event positiv berichten, denn das will man ja als Agentur. Dementsprechend muss man dafür sorgen, dass man eben auch für die Presse vernünftige Bedingungen schafft. Und was es alles zu bedenken gibt, habe ich heute anhand von praktischen Beispielen in Bild und Ton den Studierenden gezeigt.

Sie haben sich heute mit den Studierenden auch über Verbesserungsmöglichkeiten unterhalten, was bei Interviews besser laufen könnte und was Agenturen insgesamt in diesem Bereich verändern könnten. Können Sie Beispiele für Verbesserungsmöglichkeiten nennen, die aus Ihrer Sicht am wichtigsten sind?

Die Presse sollte nicht im Regen stehen, denn wir haben ja auch technisches Equipment dabei, das nass werden und dadurch kaputt gehen kann. Wenn es regnet und der Rote Teppich nicht irgendwie überdacht ist, dann bleiben die Promis auch nicht so lange stehen. Man muss immer dafür sorgen, dass ein vernünftiger Arbeitsbereich geschaffen wird. Wenn ich beispielsweise einen Arbeitsbereich von 70 Zentimetern habe, auf dem ich einen Reporter, einen Kameramann und einen Tontechniker unterbringen muss, dann ist das einfach zu eng. Passiert aber immer wieder. Die Presse muss einen Arbeitsbereich haben, in dem sie auch mit der Kamera dementsprechend agieren kann, ohne dass einem jemand von hinten in die Seite haut. Sowas passiert zwar unbewusst, aber dem Kameramann verwackeln dadurch trotzdem die Bilder. Und ich finde es auch ganz wichtig – das ist nur ein kleiner Akt der Höflichkeit, aber eine ganz große Erleichterung für uns Journalisten –, dass man uns dann mit warmen Getränken versorgt, wenn wir zweieinhalb Stunden bei Kälte auf dem Roten Teppich stehen.

In diesem Zusammenhang: was wünschen Sie sich für die Zukunft in Ihrem Beruf?

Dass die Agenturen ein bisschen mehr auf die Presse eingehen. Dass die Agenturen auch versuchen, auf Tipps von Journalisten zu hören und auch Feedback einholen. Dass man einfach einen Dialog schafft. Man arbeitet ja zusammen, aber es wird eigentlich immer nur gefragt: „War es ok für euch mit dem und dem Star?“ und weniger: „War das Umfeld für euch in Ordnung?“. Und im Endeffekt werden wir ja eingeladen, um zu berichten und da finde ich es immer wichtig, dass man versucht, Feedback zu kriegen, um sich selber immer wieder zu verbessern und von Mal zu Mal perfekter zu werden. Damit ist jedem geholfen: ein vernünftiges Arbeitsumfeld wurde geschaffen und die Presse ist zufrieden und kann gut berichten. Und man hat so natürlich auch – wenn sich der Schauspieler wohl fühlt und wir als Kamerateam einen vernünftigen Rahmen haben – die Möglichkeit, gute Fragen zu stellen und genügend Zeit und muss nicht unter schwersten Kampfbedingungen versuchen seine Statements zu bekommen.

Und zuletzt: was können Sie denjenigen mit auf den Weg geben, die einen Berufsweg als Reporter anstreben?

Es gibt ja die berühmte Dreifaltigkeit des Journalismus: Sei neugierig – Traue niemandem – Glaube nichts. Das ist bestimmt ganz gut, immer wieder selber zu recherchieren, selber seine Informationen einzuholen und sich nie auf andere zu verlassen. Man muss sehr viel Leidenschaft mitbringen, man muss auch ein hohes Maß an zeitlicher Flexibilität mitbringen, weil der Job des Reporters eben ein Job ist, in dem man keine geregelten Arbeitszeiten hat. Eine Premiere ist meistens abends und Geschichten passieren eben dann, wenn man sie nicht erwartet. Man kann nicht davon ausgehen, dass dies ein normaler Nine-to-five-Job ist. Man muss auch Spaß haben, mit Menschen umzugehen und vor allen Dingen auch ein gewisses Maß an Konfliktlösungspotenzial haben, weil man auch immer wieder auf Situationen trifft, in denen man Dinge nicht so vorfindet, wie sie abgesprochen worden sind. Da muss man immer schnell umdenken und versuchen, die Geschichte noch zu retten. Dafür ist es wichtig, ein bisschen Einfühlungsvermögen zu besitzen, genauso wie logistisches Denken oder die Fähigkeit, Probleme schnell vor Ort zu lösen. Mein Motto: Es gibt keine Probleme, nur Herausforderungen! Ich will einen schönen Beitrag haben und damit ist auch jedem gedient, weil dann auch diese Multiplikatorfunktion für den Veranstalter und im Endeffekt auch für uns wirkt, wenn es dem Zuschauer gefällt und er dran bleibt.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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