Wirtschaft und Management

„Es ist unsere Pflicht, uns über andere Kulturen zu informieren“

von Redaktion, am 23.07.2015

Anderen Kulturen mit Wertschätzung und Wissbegierigkeit zu begegnen, ist der Schlüssel für ein respektvolles Miteinander in einer internationalisierten Welt. Monère Renoir Wanner, Dozentin an der International Business School (INTEBUS) der Hochschule Fresenius Köln, weiß das nur zu gut. Schon früh verließ die heute 43-Jährige ihre US-amerikanische Heimat in Richtung Europa. Heute lebt sie in Köln und versucht dort in Lehrveranstaltungen und Praxiskursen, interkulturelle Kompetenzen zu vermitteln. Ihr Workshop „Warum jeder eine kulturelle Brille trägt“ ist wichtiger Bestandteil des International Day, der 28.07. an der Hochschule Fresenius Köln stattfindet (Weitere Informationen zu dieser Veranstaltung finden sich hier).

Warum trägt jeder von uns eine kulturelle Brille?

Das liegt an unserer Erziehung, unserer soziokulturellen Prägung. Wir erwerben diese Prägung im Laufe unseres Lebens, indem wir beobachten und zuschauen. Dadurch sind wir schließlich in der Lage, uns im Alltag zu Recht zu finden und Situationen richtig einzuschätzen.

Wenn wir uns in unserer bekannten kulturellen Umwelt bewegen, fällt uns meist gar nicht auf, dass wir eine Brille tragen. Erst in Situationen, in denen wir mit dem Fremden und Unbekannten konfrontiert sind, wird uns das bewusst.

Mit Ihrem Workshop, der im Rahmen des International Day an der INTEBUS stattfindet, wollen Sie genau das erreichen: Sie wollen ein Bewusstsein schaffen.

Richtig. Die Teilnehmer, Schüler zwischen 16 und 18 Jahren, sollen dafür sensibilisiert werden, wie stark die Wahrnehmung von der jeweiligen Kultur geprägt ist. Zum anderen soll ihnen der Workshop aber auch vor Augen führen, was in einem Arbeitsleben in der internationalen Wirtschaft alles auf sie zukommt. Denn genau darauf sollen sie ja auf der INTEBUS, sofern sie sich für ein Studium dort entscheiden, vorbereitet werden.

Klingt ein bisschen bedrohlich.

Nein, bedrohlich ist das überhaupt nicht, eine Herausforderung aber allemal. Ich bin damals selbst mit 17 aus den USA nach Deutschland gegangen und natürlich war das ein großer Schritt. Aber ich habe mich damals mit all meinen Sinnen der neuen Kultur geöffnet – und das hat geholfen. Unter anderem diese Offenheit versuche ich nun in meinen Lehrveranstaltungen und Workshops zu vermitteln.

Was verstehen Sie genau unter Offenheit?

Offenheit bedeutet, dass man einer anderen Kultur mit Respekt und Neugier begegnet. Verhaltensweisen, die einem seltsam erscheinen, müssen wir also nicht gleich verurteilen oder mit einem Naserümpfen quittieren. Stattdessen sollten wir versuchen, eine solche Situation als eine Gelegenheit wahrzunehmen, um dem Gegenüber Wertschätzung zu signalisieren. Das geht oft mit Hilfe ganz einfacher Gesten oder Mimik. Ein Lächeln hilft fast immer. Oder denken Sie an die Begeisterung, die bei einem deutschen Konzertpublikum aufkommt, wenn der weitgereiste englischsprachige Musiker auf der Bühne plötzlich auf Deutsch grüßt – ein kurzer Ausspruch und schon fühlen sich die Leute wertgeschätzt.

Auch mit Neugier kann man übrigens Wertschätzung und Respekt bekunden – und darüber hinaus noch etwas lernen. Man sollte deswegen unbekannte Verhaltensweisen durchaus hinterfragen, in Erfahrung bringen, warum sie so gezeigt werden. Vielleicht kann man sich ja sogar noch eine Scheibe von der anderen Kultur abschneiden und etwas übernehmen, ohne an Authentizität einzubüßen.

Muss man sich auf dem internationalen Wirtschaftsparkett heute überhaupt noch so sehr anderen Kulturen anpassen? Manchmal kommt es einem so vor, als hätte man dort bereits einen Konsens gefunden, zum Beispiel, dass man Verhandlungen und Gespräche auf Englisch führt.

Es mag schon sein, dass man sich hier auf gewisse Gepflogenheiten geeinigt hat. Neben der englischen Sprache denke ich hier an den Handschlag, der als Begrüßungsritual heute eigentlich überall auf der Welt anerkannt ist. Genauso wie bestimmte Mikromimik, zum Beispiel das Hochziehen der Augenbrauen, das eine freundliche Gesinnung ausdrücken soll. Dennoch ist es empfehlenswert, sich vor einer Geschäftsreise, genauso wie vor einer Urlaubsreise, über die kulturellen Besonderheiten zu informieren – wie gesagt, es geht eben auch darum, Respekt und Wertschätzung zu bekunden.

Wie wichtig sind für Sie interkulturelle Kompetenzen in einer internationalisierten Welt?

Extrem wichtig. Und das gilt jetzt nicht nur für den internationalen Raum. Wir finden kulturelle Differenzen ja auch schon innerhalb einzelner Organisationen oder Unternehmen. Ein Mitarbeiter im Marketing denkt und kommuniziert nun mal anders als ein Mitarbeiter in der Buchhaltung.

Aber natürlich werden diese Kompetenzen gerade in einer globalisierten Welt immer wichtiger. Wir reisen heute – ob geschäftlich oder privat ­– so viel und so weit, begegnen so vielen Menschen aus anderen Kulturkreisen, dass es unsere Pflicht ist, uns über andere Kulturen zu informieren. So können wir Missverständnisse vermeiden und der Entstehung von Vorurteilen entgegenwirken.

Gerade jetzt, in einer Phase, in der man hierzulande so intensiv über die Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik diskutiert, sollte man auch über interkulturelle Kompetenzen sprechen.

Über den Autor

Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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