Chemie, Biologie und Pharmazie
Grünes Rezept – Konkurrenz für die Ratiopharm-Zwillinge?
von Redaktion, am 19.03.2014
Chemie, Biologie und Pharmazie
von Redaktion, am 19.03.2014
In seiner Abschlussarbeit untersuchte Alexander Eden, Bachelor-Absolvent und Master-Student der Wirtschaftschemie, Trends bei Vertrieb und Vermarktung rezeptfreier Arzneimittel. Seine Studie führte er gemeinsam mit der UGW AG durch: „Vertrieb 2017 – Trends und Herausforderungen in Vertrieb und Vermarktung von rezeptfreien Arzneimitteln“. 26 von 85 befragten Fachkräften aus mittelständischen und größeren Pharmaunternehmen, die sogenannte OTC-Arzneimittel rezeptfrei führen, gaben Antwort und damit Ausblicke für 2017. Der Trend gehe in Richtung „Below-the-Line“-Maßnahmen: Die Kundenkommunikation steht im Vordergrund und statt auf die sympathischen Zwillinge aus der Werbung setzen Pharmaunternehmen zukünftig auf das Vertrauen zum Arzt.
OTC ist die Abkürzung von „Over the Counter“ und bezeichnet rezeptfreie Arzneimittel. Zunehmende Kosten und steigender Konkurrenzdruck deuten bereits an, dass ein Wandel des OTC-Marktes bevorsteht. Wie sich dieser genau vollzieht, untersuchte Alexander Eden in der Studie zu seiner Bachelorarbeit. 26 Pharmaexperten, darunter Vertriebs- und Marketingleiter sowie Geschäftsführer von Pharmaunternehmen, bestätigten Edens Grundhypothesen: Zum einen, dass der Vertrieb über den Versandhandel bis 2017 weiterhin an Bedeutung gewinnt. Und zum anderen, dass das Internet als Instrument der Vermarktung von OTC-Präparaten einen höheren Stellenwert erlangt.
Besonders überrascht hatte Eden der Trend der Budgetverschiebung von Above-the-line- zu Below-the-line-Maßnahmen. Konkret bedeutet das, dass weniger auf klassische Medien wie TV-, Radio- oder Print-Werbung und mehr auf Kundenkommunikation gesetzt wird. Zwar sorgt TV-Werbung, wie die der Ratiopharm-Zwillinge, für einen hohen Bekanntheitsgrad, gleichzeitig aber auch für hohe Kosten und einen großen Streuverlust.
Eden resümiert: „Das Vertrauen des Kunden nimmt einen immer höheren Stellenwert ein.“ Der Arzt wird so immer mehr zu einem Berater im OTC-Bereich. „Die Empfehlung des Arztes wird bis 2017 an Bedeutung gewinnen, da die Unternehmen ihrerseits versuchen, das Vertrauen des Endkunden in ihre OTC-Produkte zu gewinnen. Sie beabsichtigen mit der Beratung durch Ärzte ihre Arzneimittelmarken von konkurrierenden Marken zu differenzieren. Dabei spielt auch das sogenannte ‚grüne Rezept‘ eine wichtige Rolle. Dieses Rezept wird als Empfehlung des Arztes für ein bestimmtes Arzneimittel gewählt“, so Eden.
Über den herstellereigenen Außendienst müssten weiterhin Apotheker und in Zukunft immer mehr Ärzte betreut und beraten werden: „Durch einen gut ausgebildeten und organisierten Außendienst sollen Ärzte vom Nutzen des OTC-Arzneimittels überzeugt werden, um somit das OTC-Präparat weiter an Patienten empfehlen zu können. Ärzte sorgen für ein großes Vertrauen des Patienten gegenüber dem OTC-Arzneimittel, da der Arzt in keiner Weise von der Empfehlung eines bestimmten OTC-Präparates profitiert. Durch das ‚grüne Rezept‘ gibt der Arzt eine Empfehlung im Sinne des Patienten, ohne selbst Geld daran zu verdienen.“
An dieser Stelle zeigt sich, dass sich der OTC-Markt der Herausforderung stellen muss, Vertrieb und Marketing besser aufeinander abzustimmen. Das Internet unterstützt in Zukunft den Außendienst und das Key-Account-Management als Service- und Informationsplattform. Apotheker und Pharmazeutisch-Technische Assistenten können sich über spezielle Internetportale und -tools entsprechend schulen. Die Endkunden können sich selbstständig, orts- und zeitunabhängig über Inhaltsstoffe und Wirkungen der Präparate informieren. Besonders bei Reklamationen kann schneller und transparenter reagiert werden.
Eden rät den Unternehmen deshalb, den unternehmenseigenen Außendienst weiterhin als Vertriebs- und Marketinginstrument zu nutzen: „Flankiert von modernen Instrumenten wie dem Internet, Category Management und anderen sollte ein gut aufeinander abgestimmtes Multi-Channel-System aufgebaut werden.“
Die Reaktion der Öffentlichkeit zeugt von der Aktualität des Themas. Neben dem UGW-Report berichteten Pharma Relations und die Deutsche Apotheker Zeitung über die Ergebnisse der Studie: „Ich habe schon während der Datenerhebung bemerkt, dass sich viele Interviewpartner stark für dieses Thema interessieren. Somit sind die Interviews sehr unterschiedlich und spannend ausgefallen. Es wurde auch oft nicht nur die reine Frage aus dem Fragebogen beantwortet. Man ist häufig viel tiefer in das Thema eingedrungen, was ich damals als sehr spannend und interessant empfunden habe. Dass die Ergebnisse der Bachelorarbeit durch die Veröffentlichungen auf reges Interesse stoßen, freut mich darüber hinaus noch mehr“, so Eden.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
Ihr Kommentar
Sie möchten Sich an der Diskussion beteiligen? Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!Bitte beachten Sie dabei unsere Netiquette. Vielen Dank.