Wirtschaft und Management

Evaluation durch Dialog?

Jacob Ammentorp Lund/iStock

von Redaktion, am 20.05.2015

Im vergangenen Wintersemsester haben Studierende der Hochschule Fresenius München ein anspruchsvolles Evaluationsprojekt realisiert. Das Ziel: Herausfinden, ob Lehrende und Lernende darin übereinstimmen, wie guter Unterricht aussehen soll – und ob ein dialogischer Ansatz die richtige Methode zur Feststellung und Verbesserung der Lehrqualität ist.

Wie kann man die Qualität der Hochschullehre feststellen? Klar, mit Hilfe klassischer Lehrevaluationen, indem man also die Meinungen Studierender mittels Fragebogen einholt. Allerdings sieht sich diese Methode auch immer wieder kritischen Anwürfen ausgesetzt. Im Rahmen der Evaluationen fänden häufig im Unterricht begonnene Fehden mit Dozierenden ihre Fortsetzung, so einer der Vorwürfe. Außerdem ließen sich aus den quantitativ angelegten Umfragen zu wenig konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Lehre ableiten.

Um diesen Mängeln zu entgehen, probiert man immer wieder neue Instrumente der Lehrbewertung aus. Auch an der Hochschule Fresenius München, an der üblicherweise einmal pro Semester unter den Studierenden eine fragebogengestützte Online-Evaluation durchgeführt wird, hat man im vergangenen Wintersemester mit einem alternativen Ansatz experimentiert. Zusammen mit der Gesellschaft für Ausbildungsforschung und Berufsentwicklung (GAB) haben sich Studierende an einem großangelegten Evaluationsprojekt versucht – und dabei tief in die Methodentrickkiste gegriffen: Neben qualitativen Interviews mit Dozierenden der Hochschule Fresenius München führten die Drittsemester auch eine quantitative Befragung unter ihren Kommilitonen durch. Mit Hilfe des gesammelten Datenmaterials sollte schließlich herausgefunden werden, inwieweit Lehrende und Lernende an der Hochschule Fresenius München zueinander finden – und ob die Qualität der Lehre mit Hilfe eines dialogischen Ansatzes abgesichert und entwickelt werden kann. Den Hintergrund der Untersuchung bildete das von der GAB entwickelte Konzept „Graswurzel Qualitätsentwicklung und -sicherung“.

Dozierende wünschen sich direktes Feedback, fordern es aber nur selten ein

Eine erste Auswertung, bei der die Antworten der Dozierenden und Studierenden miteinander abgeglichen wurden, ergab, dass beide Gruppen insgesamt ähnliche Vorstellungen davon haben, was unter guter Lehre zu verstehen ist. Außerdem zeigte sich, dass eine große Mehrheit der Studierenden das Lernklima an der Hochschule Fresenius als angenehm empfindet.

Neben diesen positiven Befunden wurden aber auch Verbesserungspotentiale aufgedeckt. So wünschen sich fünf der sieben interviewten Dozierenden mehr direktes Feedback von den Hochschülern, um zu erfahren, an welchen Stellen sie die eigene Lehre verbessern können. Die Studierenden beklagen allerdings, dass dieses Feedback zu selten eingefordert werde – ein Kommunikationsproblem?

„Das Einholen von direktem Feedback im Unterricht ist ein absolut sinnvolles Mittel, um die Lehre anschließend substanziell verbessern zu können“, weiß Nico Schrode, Berufspädagoge bei der GAB. Er hat die Evaluationsstudie von Seiten der GAB zusammen mit seiner Kollegin Anna Maurus betreut und deutet das Auseinanderfallen von Wunsch und Wirklichkeit auf der Seite der Dozierenden so: „Offenes Feedback von den Studierenden einzuholen, das erfordert sehr viel Mut. Man muss mit Kritik, vielleicht sogar mit Anfeindungen rechnen, dem gehen viele lieber aus dem Weg – verständlicherweise.“ Dennoch sei dieser Mut letztlich zwingend erforderlich. „Die Rückmeldung und der Dialog über das Lernen sind eigentlich die einzigen Möglichkeiten, zu erfahren, wie man sein Lehrverhalten optimieren kann. Man kann den Studierenden schließlich nicht in den Kopf schauen“, so Schrode.

Dialog zwischen Lehrenden und Lernenden ist wichtig – im Rahmen klassischer Evaluationen findet er aber kaum statt

Im Rahmen klassischer fragebogengestützter Evaluationsmethoden finde aber genau dieser Dialog meist kaum statt: „Erfahrungsgemäß werden dort die offenen Fragen, die für eine qualifizierte Rückmeldung so wichtig sind, von den Studierenden nicht oder nur sehr oberflächlich beantwortet“, weiß Schrode. Er und seine Kollegen hätten es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Lehrende darin zu schulen, wie man offene Rückmeldungen einholt und wie man mit ihnen umgeht.

„Da wir uns natürlich darum bemühen, die Lehrqualität an der Hochschule Fresenius kontinuierlich zu verbessern, überlegen wir derzeit, wie wir mit der GAB in Zukunft kooperieren können“, berichtet Verena Walter, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Fresenius und Mentorin des Projekts. Mit der Zusammenarbeit mit der GAB im zurückliegenden Wintersemester sei sie jedenfalls sehr zufrieden – genauso wie auch mit der Leistung der Projektgruppe: „Die Studierenden haben hier wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Über die hohen Hürden, die im empirischen Teil der Projektarbeit zu nehmen waren, sind sie problemlos drüber gesprungen.“

Über die Projektgruppe: Lisa Ammelung, Manuel Bernauer, Anna-Lena Hamburger, Paula Mössler und Mathias Weber, allesamt Studierende der Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Fresenius München, waren im Wintersemester 2014/15 mit dem großangelegten Evaluationsprojekt befasst. Die Studie war Teil ihres Projektstudiums im 3. Semester. Weitere Informationen zur Projektstudie finden sich hier.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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