Wirtschaft und Management
„Es gibt einige Unterschiede im wirtschaftspolitischen Denken“
von Redaktion, am 07.08.2013
Wirtschaft und Management
von Redaktion, am 07.08.2013
Wie funktioniert eine Dienstleistungsgesellschaft? Diese Frage treibt nicht nur hierzulande die Wirtschaftsexperten um: Auch in China, das von einer Dienstleistungsgesellschaft noch ein gutes Stück entfernt ist, sich jedoch rasend schnell weiterentwickelt, wird darüber eifrig diskutiert. Auf einer Bildungsreise haben sich nun Vertreter einer chinesischen Wirtschaftsdelegation über den deutschen Dienstleistungssektor informiert. Prof. Dr. Dominik Große Holtforth, Volkswirt und Studiendekan Media & Communication Management an der Hochschule Fresenius Köln, übernahm die Aufgabe, den Gästen aus Fernost die Situation in der Bundesrepublik näher zu bringen. Im Anschluss an den Vortrag ergab sich eine interessante Diskussion, bei der auch grundlegende Auffassungsunterschiede deutlich wurden, wie Große Holtforth im Interview berichtet.
Dominik Große Holtforth: Ziel der Weiterentwicklung ist es, die Produktivität im Dienstleistungssektor zu steigern. Hierzu müssen in stärkerem Maße Informations- und Kommunikationstechnologien eingesetzt werden als bisher. Denn einer gängigen Auffassung nach ist eine Dienstleistung immer an die Arbeitskraft des Produzenten gebunden – und daher zunächst nur von geringer Produktivität. Durch den Einsatz von IuK-Technologie kann es aber gelingen, diese Produktivität zu steigern. Denken Sie nur an die Gastronomie, eine klassische Dienstleistungsbranche: Eine App, mit der Kunden Reservierungen vornehmen können, würde den Restaurantangestellten einiges an Zeit und Energie sparen, die nun in andere Services und Geschäftsbereiche gesteckt werden kann.
Ein prozessorales Grundverständnis muss hier auf jeden Fall vorhanden sein. Das heißt, Manager im Dienstleistungssektor sollten über ein technisches Basiswissen verfügen, ohne dass sie selbst detaillierte Kenntnisse, zum Beispiel in einer Programmiersprache, besitzen müssen. Das ist wie beim Auto: man sollte wissen, wo die Motorhaube ist, wie man sie öffnen kann und was sich unter ihr befindet – die schwierigen Reparaturen erledigen dann Spezialisten.
Genau. Personen, die heute in diesem Bereich tätig sein wollen – dazu zählen ja auch viele unserer Absolventen –, sollten vor allem dazu in der Lage sein, Geschäftsmodelle zu entwickeln und zu implementieren. Und auch wenn diese Modelle auf Technik basieren: Hier muss nicht alles bis ins letzte Detail verstanden werden. Wer gestalten will, muss eher herausfinden, ob die technische Innovation auch nachgefragt wird, ob durch sie Prozesse tatsächlich effizienter gestaltet werden und wie sie abgesetzt werden kann.
Nein, das glaube ich nicht. Die Unternehmen erwarten ja, dass die Wissenschaftler objektiv-kritisch an die Aufgabe herangehen. Ein Gefälligkeitsgutachten wäre hier eher kontraproduktiv, denn auf Basis geschönter Ergebnisse zieht das Unternehmen womöglich die falschen Schlüsse.
Das ist nur schwer zu beantworten. Die chinesische Entwicklung ist singulär. Was dort in 20 Jahren passiert ist, dafür haben wir in Europa mehr als ein Jahrhundert gebraucht. Ich glaube, für China ist es zunächst einmal sehr wichtig, die vorhandenen Ungleichgewichte zu beseitigen. Dann kann man sich auf den Weg in Richtung westliche Dienstleistungsgesellschaft begeben.
Die Chinesen haben eine hohe Affinität zu Deutschland. Sie interessiert, wie wir arbeiten und wirtschaftliche Herausforderungen bewältigen. Das gilt auch für den Dienstleistungssektor. Besonders bemerkenswert fand ich allerdings die Diskussion im Anschluss an den Vortrag: Hier wurde immer wieder die Frage gestellt, ob eine Dienstleistungsgesellschaft staatlich lenkbar ist. Daran erkennt man, welche deutlichen Unterschiede es im wirtschaftspolitischen Denken gibt.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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