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Sport und Tourismus

E-Sport und seine Sponsoren: Nicht-endemische Marken springen auf den Erfolgszug auf

von Alexander Pradka, am 16.05.2018

Prof. Dr. Susanne Epple beschäftigt sich intensiv mit dem Sponsoring im E-Sport. In ihrer Antrittsvorlesung in Idstein ging sie auf die Entwicklung dieses Geschäftszweiges ein und beleuchtete die Perspektiven für Investoren. Überraschend: Immer mehr Unternehmen, die man in diesem Bereich nicht vermuten würde, engagieren sich.  

Frau Prof. Dr. Epple, zunächst einmal vorab die Frage: Ist E-Sports eigentlich Sport?

Das ist nicht abschließend geklärt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, vor allem in Asien und Nordamerika, tut man sich in Deutschland schwer mit der Zuordnung. Der Deutsche Olympische Sportbund erkennt E-Sports bislang nicht als Sportart an, anders als zum Beispiel Billard, Darts oder auch Schach. Ich denke, dass man E-Sports als Sport sehen kann. Auch hier steht der Wettbewerbsgedanke im Fokus, es treten Teams oder Personen gegeneinander an. Es gibt feste Regeln, auch wenn diese zumindest zum Teil von der jeweiligen Spielesoftware vorgegeben sind. Der Wettkampf ist in Ligen organisiert. Und es handelt sich um eine sowohl körperliche als auch geistige Anspannung. So sind zum Beispiel hohe Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsschnelligkeit und eine gute Augen-Hand-Koordination erforderlich. Das sind alles Faktoren, die für die Klassifizierung als Sport sprechen.

Die Welt der Computerspiele ist sehr vielfältig. Gehören zum E-Sport nur Spiele, die sich inhaltlich mit dem Sport befassen?

Dazu gehören alle Spiele, die Teil von Wettkämpfen, Events oder Ligen sind. „FIFA Soccer“ ist ein Beispiel aus der Welt des Sports, andere sehr populäre Spiele wie „League of Legends“ oder „Dota“ haben aber inhaltlich gar nichts mit Sport zu tun. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass einige große Vereine aus der Fußball-Bundesliga E-Sport-Teams haben, die gar nicht mit einem Fußballspiel angefangen haben. Das Team von Schalke 04 hat beispielsweise mit „League of Legends“ – einem Fantasy-Spiel – begonnen.

Inwiefern besteht eine Analogie zum Realsport: Kann man als „E-Sportler“ auch seinen Lebensunterhalt verdienen?

Mittlerweile ja, der richtige Begriff ist übrigens „Pro-Gamer“. Diese verdienen schon seit Jahren ihren Lebensunterhalt mit dem Spielen, überwiegend über Preisgelder, aber natürlich auch mit Werbeeinnahmen. Beim höchstdotierten E-Sports-Turnier 2017, „The International“, wurden 24 Millionen US-Dollar an Preisgeldern ausgeschüttet. Die meisten Preisgelder hat aktuell der iranischstämmige Deutsche Kuro Takhasomi eingespielt – 3,4 Millionen US-Dollar. Selbst die Spieler, die in der Rangliste um Platz hundert liegen, haben über eine halbe Million US-Dollar an Preisgeldern erwirtschaftet. Das zeigt die Dimensionen.

Welchen Umsatz macht die Branche insgesamt?

Man geht davon aus, dass sich der Umsatz weltweit von 2015 bis 2017 von 325 Millionen US-Dollar auf 696 Millionen US-Dollar mehr als verdoppelt hat. Für 2020 wird ein Umsatz von rund 1,5 Milliarden US-Dollar erwartet*. Für die Bundesrepublik prognostizieren Experten einen jährlichen Zuwachs von rund 20 Millionen Euro. Angefangen bei 50 Millionen Euro im Jahr 2016 erwarten wir einen Umsatz in Höhe von rund 130 Millionen Euro im Jahr 2020**. 

Wie ist es denn dazu gekommen, dass um das Thema so ein Hype entstanden ist?

Der Ursprung dieser Entwicklung liegt in Asien, vor allem Südkorea tut sich da hervor. Neben weiteren asiatischen Ländern ist ein Hype vor allem in den USA und Kanada zu beobachten. Mittlerweile ist die Welle aber längst auch in Europa und Deutschland angekommen, wie die vollen Hallen bei den Events beweisen. Angefangen hat das sicher mit privaten Treffen, um gemeinsam zu spielen. Daraus sind die LAN-Partys entstanden, erste Ligen haben sich gegründet. Es ist wie immer – je mehr Leute sich für etwas interessieren, desto rasanter schreitet die Entwicklung voran. Auch diesbezüglich belegen Statistiken, dass wir jährlich Wachstumsraten verzeichnen: 2015 gab es weltweit 335 Millionen Zuschauer, für 2020 werden 589 Millionen vorhergesehen*. Interessant ist dabei: 2015 waren unter allen Interessenten die E-Sports-Enthusiasten noch in der Mehrheit. Das dreht sich aktuell – mittlerweile ist der Anteil der Passiv-Zuschauer schon höher.

Bei solchen Entwicklungen ist es wenig verwunderlich, wenn Unternehmen sich engagieren.

Richtig. Das gilt umso mehr, als dass die Berichterstattung zunimmt. Dies allerdings weniger im klassischen Fernsehen, mehr im Internet via Streaming. Außerdem geht es auch nicht um klassische Werbeformen wie Spots und Anzeigen, sondern vor allem um Sponsoring. Unternehmen sponsern ganze Ligen, aber auch einzelne Events und natürlich Teams. Die tragen zum Teil den Namen des Sponsors. Bannerwerbung und Banden in den Arenen sind dann eher Teil des Gesamtpakets.

Welche Branchen sind Vorreiter der Szene?

Ursprünglich haben fast nur sogenannte endemische Marken auf das Thema E-Sports gesetzt. Endemische Marken sind solche, die eine Nähe zum Inhalt oder zur Veranstaltung haben, also etwa Hardware-Hersteller, Energydrink- oder Snack-Produzenten – interessanterweise nicht Hersteller von Kleidung. Tatsächlich neu ist, dass zunehmend nicht-endemische Marken auf den Zug aufspringen, deren Präsenz man bei E-Sport im ersten Moment überhaupt nicht vermuten würde. Dazu gehören beispielsweise Mercedes Benz und Wüstenrot.

Welche Erwartungen verbinden diese Unternehmen mit derartigen Engagements?

Zum einen kennen wir die klassischen Ziele des Sponsorings. Dazu zählen die Steigerung der Bekanntheit, die Stabilisierung einer Marke in einem Marktumfeld oder die Image-Bildung. Diese Aspekte spielen sicher auch bei den zunächst einmal nicht E-Sport-affinen Marken eine Rolle. Wir haben es aber hier auch mit besonderen Phänomenen zu tun. Eine Bausparkasse hat über den E-Sport vielleicht erstmalig eine gute Chance, eine wichtige Zielgruppe direkt zu erreichen und nicht wie früher über die Eltern oder Großeltern nur indirekt, wenn diese Bausparverträge für ihre Kinder und Enkel abgeschlossen haben. Außerdem erhofft man sich einen Image-Transfer von den Protagonisten auf die Zielgruppe. Pro-Gamer sind selbst meist recht jung, mit Ende 20 gehört man schon zu den erfahrensten Spielern. Bei Automarken wie Mercedes steckt noch eine andere Strategie dahinter: die bewusste Verjüngung einer Marke. Die Präsenz im E-Sport passt perfekt in das Gesamtkonzept. Was wir nicht vergessen dürfen: Medienwirksamkeit und Aufmerksamkeit auf der einen Seite sind schon recht hoch, trotzdem halten sich die Kosten für das Sponsoring im Vergleich zu großen Sportarten in erträglichen Grenzen – noch jedenfalls. Daher bietet sich das Thema E-Sport auch als Testfeld für neue Formate an.

Welche Entwicklung wird der E-Sport nehmen? Ist das eine Erscheinung, die wie viele andere Hypes wieder vergeht oder steckt mehr dahinter?

Ich bin mir sicher, der E-Sport wird bleiben und es wird noch eine weitere Entwicklung geben. Jetzt wächst eine Generation heran, die noch viel stärker mit dem Thema verwoben ist als die, die aktuell den Ton angibt. Für manche ist das fast ihr Leben. Das muss man nicht gut finden, ist aber schon Realität. Und wenn jetzt bereits nicht-endemische Marken erfolgreiche Kampagnen fahren, werden andere auch ihre bisherige Zurückhaltung aufgeben und das Beispiel nachahmen. Wir sehen momentan auch, dass mehr Clubs aus der Fußball-Bundesliga einsteigen und bestehende Teams kaufen. Da steckt dann natürlich eine enorme Marktmacht dahinter, die als zusätzlicher Motor wirken wird.

*Quelle: Newzoo, bei statista
**Quelle: Deloitte, bei statista

Über den Autor

Alexander Pradka
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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