Gesundheit, Therapie und Soziales
Wirtschaft und Management
„Die meisten Deutschen haben nun eine HELIOS Klinik in ihrer Nähe“
von Redaktion, am 17.09.2013
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von Redaktion, am 17.09.2013
Der europäische Krankenhausmarkt hat einen neuen Big Player: HELIOS Kliniken, eine Tochter des Fresenius-Konzerns, hat die Mehrzahl der Rhön-Kliniken gekauft. Damit steigt der Umsatz der HELIOS Kliniken Gruppe schlagartig auf rund 5,5 Milliarden Euro, wodurch sie sich zum größten privaten Krankenhausbetreiber Europas aufschwingt. Prof. Dr. Andreas Beivers, Studiendekan für Gesundheitsökonomie an der Hochschule Fresenius München, ist Mitautor der Studie „Bedeutung der Krankenhäuser in privater Trägerschaft“. Im Interview erklärt er, was die Übernahme für Patienten und Beschäftigte bedeutet – und welchem Missverständnis viele Deutsche in diesem Zusammenhang aufsitzen.
Zunächst einmal ist zu sagen, dass diese Konsolidierungsbewegungen nicht nur auf dem privaten Krankenhausmarkt zu beobachten sind. Auch unter Krankenhäusern in kommunaler und privat-freigemeinnütziger Trägerschaft gab es in der jüngeren Vergangenheit Zusammenschlüsse. Grund hierfür ist die Anfang der 1990er Jahre einsetzende Ökonomisierung des Krankenhausmarktes. Eine Konsolidierung dieses Ausmaßes hat es aber bis dato wirklich noch nicht gegeben.
Betrachtet man die aktuelle Entwicklung hat das für Versorgungsbedürftigen in Deutschland vor allem eine spürbare Folge: Die meisten von ihnen haben nun eine HELIOS Klinik in ihrer Nähe. Durch den Zukauf können 70 Prozent der Deutschen eines dieser Krankenhäuser innerhalb von einer Stunde erreichen. Die flächendeckende Ausbreitung ermöglicht dem HELIOS Konzern dabei neue Kooperationsmodelle mit Krankenversicherungen: Die großen Versicherungen werden jetzt eher dazu bereit sein, Verträge abzuschließen, die bestimmte Zusatzleistungen für den Patienten garantieren – wie zum Beispiel ein Einzelzimmer.
Genau. Viele Menschen in Deutschland sitzen hier nämlich einem Irrtum auf: die überwiegende Mehrheit der Krankenhäuser in privater Trägerschaft ist nicht nur für Privatpatienten da! Jeder, egal ob gesetzlich oder privat versichert, kann sich hier behandeln lassen. Die medizinische Versorgung dort ist auch nicht teurer. Deshalb werden jetzt sowohl private als auch gesetzliche Versicherungen in Verhandlungen mit den HELIOS Kliniken eintreten, vor allem wenn ihnen hier der Gesetzgeber weitere Freiräume gibt. Inwiefern das geschieht, hängt auch vom Ausgang der bevorstehenden Bundestagswahl ab.
Grundsätzlich stehen Kliniken in privater Trägerschaft unter enormem Leistungsdruck. Zum einen, weil sie sich im Wettbewerb mit anderen Krankenhäusern behaupten müssen. Zum anderen, weil sie immer unter dem Verdacht stehen, ihre Gewinne zu Lasten der medizinischen Versorgung zu generieren. Diese beiden Faktoren haben durchaus positive Effekte auf die Qualität der Behandlung. Auch der Zusammenschluss kann für Versorgungsbedürftige von Nutzen sein. Denn der HELIOS Konzern arbeitet nun entlang einer Wertschöpfungskette: HELIOS ist ja gleichzeitig auch im Bereich Medizintechnikentwicklung und Pharmaherstellung tätig und betreibt nun durch den Zukauf eine weitere Anzahl von medizinischen Versorgungzentren. Durch diese Verknüpfung über die Sektorengrenzen hinweg können sich viele Synergieeffekte ergeben.
Deswegen muss ja auch das Bundeskartellamt noch zustimmen. Es darf bezweifelt werden, dass wirklich alle 43 Rhön-Kliniken von HELIOS übernommen werden können. Dabei haben die Aufseher weniger die Gesamtmarktlage im Blick als vielmehr die Beschaffenheit regionaler Märkte. Die medizinische Versorgung – HELIOS hat bei dem Deal nicht nur 43 Kliniken sondern eben auch 15 medizinische Versorgungszentren erworben – in einer Region darf nicht zu fest in der Hand eines einzigen Unternehmens sein.
Nein, davon gehe ich nicht aus. Die Krankenhäuser waren ja schon zuvor in privater Trägerschaft und außerdem ist die Ressource „Personal“ im Gesundheitswesen eher knapp und daher begehrt. Ich glaube vielmehr, dass es durch den Zusammenschluss für viele Beschäftigte neue Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Die Synergien werden zudem vielen Innovationen den Weg bereiten. Ohnehin ist im privaten Krankenhaussektor wettbewerbsbedingt eine vergleichsweise stärkere Veränderungsdynamik zu beobachten: Dort werden häufiger neue Managementstrategien und Kooperationsmöglichkeiten ausprobiert. Das hat auch unsere Studie gezeigt.
Die Studie „Bedeutung der Krankenhäuser in privater Trägerschaft“ von Boris Augurzky, Andreas Beivers und Rosemarie Gülker ist unter http://www.rwi-essen.de/publikationen/rwi-materialien/276/ frei zugänglich.
Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.
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