Psychologie und Wirtschaftspsychologie

Sport und Tourismus

Aus Liebe zum Pferd

von Redaktion, am 31.08.2015

Der Reitsport hat in Deutschland mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Seine Protagonisten seien abgehoben und wollten ihren Sport vor allem nutzen, um ihren gesellschaftlichen Status zur Schau zu stellen. Dabei steht bei den meisten ein ganz anderes Motiv im Mittelpunkt, wie zwei an der Hochschule Fresenius Köln entstandene Forschungsarbeiten zeigen.

Dressurhengst Totilas` Schicksal beherrschte zuletzt tagelang die deutschen Medien. Die Ankündigung seiner Besitzer, das niederländische Warmblut werde wegen fortwährender Verletzungsprobleme künftig keine Reitwettkämpfe mehr bestreiten, sorgte deutschlandweit für Diskussionen. Bedeutet der Rückzug doch gleichzeitig das verfrühte Ende einer vielversprechenden Karriere, in der der erhoffte Titelreigen bislang ausgeblieben war. Seiner „außergewöhnlichen Schönheit und Ausstrahlung“, so schreibt die Süddeutsche Zeitung, sei es zu verdanken, dass auch an Pferdesport gänzlich uninteressierte Menschen Totilas Werdegang und Laufbahnende verfolgt hätten.

Ansonsten nämlich fristet der Reitsport in Deutschland eher ein Nischendasein. Viele wissen nur wenig über die menschlichen und tierischen Protagonisten dieser Disziplin, auch Forschungsarbeiten zum Thema sind rar. Dr. Kathrin Schütz, Dozentin an der Hochschule Fresenius Köln und Marktforscherin im Reitsport, hat es sich deswegen zur Aufgabe gemacht, die deutsche Reitszene genauer zu untersuchen und wissenschaftlich abzubilden. In zwei Forschungsprojekten, die im Rahmen studentischer Projektarbeiten im Sommersemester 2015 durchgeführt wurden, wurden Reiterinnen und Reiter in Nordrhein-Westfalen sowie im ganzen Bundesgebiet befragt.

Blickt man auf die Ergebnisse der Untersuchungen, so bestätigen diese zunächst bestehende Vorurteile. Zum einen ist der Pferdesport nämlich ziemlich teuer: Allein für die Ausstattung des Pferdes geben rund 40 Prozent der Befragten zwischen 101 und 300 Euro pro Quartal aus, die Kosten für die Unterbringung, den Hufschmied oder die medizinische Versorgung nicht miteingerechnet. Zum anderen ist die Reitszene weiblich dominiert – fast 80 Prozent der Umfrageteilnehmer sind Frauen –, gebildet und wohlhabend.

„Würden eher unter der Brücke schlafen“ – was Reitsportler wirklich antreibt

Was die Untersuchungen aber auch zeigen und Pferdesportlaien aufhorchen lassen dürfte: Es geht Reiterinnen und Reitern nicht darum, sich zu präsentieren und als Mitglied einer elitären und exklusiven Gruppe zu inszenieren. Es ist vielmehr die Liebe zu den Tieren, die sie antreibt, viel Kraft und Zeit – über zwei Drittel der Umfrageteilnehmer verbringen mehr als neun Stunden pro Woche beim Pferd – in das Reiten zu investieren. Knapp die Hälfte der Befragten gibt sogar an, durch die Tierliebe überhaupt erst zum Reitsport gekommen zu sein. Und um ihren Tieren nahe sein zu können, sind über 70 Prozent bereit, in anderen Bereichen ihres Lebens finanzielle Abstriche zu machen.

„Viele Reiterinnen und Reiter würden eher unter der Brücke schlafen als ihr Pferd zu verkaufen“, sagt auch Kathrin Schütz. Den meisten Reitsportlern sei durchaus klar, dass es sich bei ihrem Hobby um einen Luxussport handele. „Diese Leute sind nicht so weltfremd und abgehoben, wie es oft angenommen wird. Das Pferd und dessen Wohlergehen stehen für sie über allem“, erklärt die Wirtschaftspsychologin weiter.

Nun hofft Schütz, dass die an der Hochschule Fresenius durchgeführten Studien ein wenig zur Aufklärung beitragen werden – und darüber hinaus das Interesse am Reitsport steigern. Damit man sich hierzulande auch außerhalb der Berichterstattung rund um Dressurhengst Totilas mit der Reitszene auseinandersetzt.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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