Gesundheit, Therapie und Soziales

Wirtschaft und Management

BGM statt BGF

von Redaktion, am 01.10.2015

Dass Unternehmen für die Gesundheit der eigenen Mitarbeiter Sorge tragen, ist heute eine Selbstverständlichkeit. Doch reichen hier klassische Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung aus? Nein, sagt Prof. Dr. Ralf Neuhaus, Studiendekan Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Fresenius Düsseldorf. Er fordert eine strategische Herangehensweise an das Thema.

Zwischen 2012 und 2014, über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren, lief das vom Europäischen Sozialfonds und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt g.o.a.l. Die Zielsetzung: Die Einführung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) in fünf Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie und der chemischen Industrie. Die Hochschule Fresenius war dabei von Anfang an mit an Bord: Prof. Dr. Ralf Neuhaus, Studiendekan Betriebswirtschaftslehre am Standort Düsseldorf, und sein zweiköpfiges Team standen als wissenschaftliche Experten zur Seite.

„Es ging darum, den teilnehmenden Unternehmen zu zeigen, wie wichtig es ist, beim Thema Mitarbeitergesundheit strategisch vorzugehen“, erklärt Neuhaus. Vereinzelte Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung, wie man sie aus vielen deutschen Unternehmen kenne, reichten nicht aus. „Den Mitarbeitern spezielles Wasser zum Trinken zu geben oder Laufgruppen zu organisieren – das ist zwar nett gemeint, aber nicht viel mehr als Aktionismus“, kritisiert der Wirtschaftsprofessor. Der Erhalt der Mitarbeitergesundheit lasse sich vielmehr nur gewährleisten, „wenn man einem strategischen Plan folgt, Ziele festlegt und Mitarbeiter und vor allem Führungskräfte miteinbezieht.“

Mit betrieblichem Gesundheitsmanagement gegen Landflucht und demografischen Wandel

Dass ein systematisches Vorgehen in diesem Zusammenhang Sinn macht, wurde speziell bei den teilnehmenden Unternehmen sichtbar: „Die Betriebe, die wir im Rahmen des Projekts beraten haben, haben ihren Sitz teilweise in sehr ländlichen Gebieten“, berichtet Neuhaus. Dort seien Landflucht und demografischer Wandel große strategische Herausforderungen – und um diese zu meistern gebe es drei Möglichkeiten: „Die Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern einerseits Anreize bieten, im Betrieb zu bleiben – zum Beispiel, indem man etwas für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden tut. Andererseits müssen die Unternehmen die älteren Teile der Belegschaft arbeitsfähig halten. Denn Mitarbeiter, die seit 20 oder 30 Jahren dem Betrieb angehören, haben ein enormes Wissen aufgebaut. Wenn diese Personen beispielsweise aufgrund gesundheitlicher Probleme frühverrentet werden, hat das Unternehmen ein großes Problem, da Erfahrungswissen nicht schnell transferiert werden kann.“ Drittens, so Neuhaus weiter, könne ein BGM die Arbeitgeberattraktivität erhöhen und die Gewinnung neuer Mitarbeiter erleichtern.

Mit klassischer betrieblicher Gesundheitsförderung seien diese Ziele nicht zu erreichen. Das schaffe man nur mit systematischer Analyse: „Man muss herausfinden, welche Personalthemen für die Zukunft des Unternehmens überhaupt strategisch relevant sind. Außerdem gilt es, die physischen und psychischen Gefährdungspotentiale am Arbeitsplatz und deren Einfluss auf die Mitarbeiter zu identifizieren“, erklärt der Wirtschaftsprofessor. Im nächsten Schritt müsse man Ursachenforschung betreiben: „Gefährdungspotential A ergibt sich vielleicht aus häufigen Störungen im Arbeitsprozess, während Gefährdungspotential B mit der Arbeitsumgebung zusammenhängt“, erläutert Neuhaus an einem Beispiel. Um derartige Informationen zu gewinnen, sei es notwendig, Gespräche zu führen und auszuwerten. „Hier sind die Führungskräfte viel mehr in der Pflicht als bisher“, mahnt Neuhaus. Später seien sie auch für die Entwicklung von Lösungsansätzen, technischer, organisatorischer oder personenbezogener Art, und die Festlegung entsprechender Ziele zuständig.

„Wenn das Top-Management diese Rolle annimmt und entsprechende Strategien fixiert werden, sprechen wir nicht mehr von betrieblicher Gesundheitsförderung, sondern von betrieblichem Gesundheitsmanagement“, so Neuhaus und ergänzt: „Genau das sollten Unternehmen zukünftig praktizieren.“

Die Abschlussbroschüre zum Projekt g.o.a.l., an der auch Prof. Neuhaus mitgewirkt hat, findet sich hier.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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