Sport und Tourismus

Ausgegrenzt im Urlaubsparadies

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von Redaktion, am 28.04.2016

Eine Antrittsvorlesung ist der letzte Schritt im Berufungsverfahren. In den rund 20-minütigen Vorträgen geben die neu ernannten Professoren interessante Einblicke in ihre Forschungsthemen. Bei Prof. Dr. Victoria Eichhorn, Studiendekanin Tourismus-, Hotel- und Eventmanagement an der Hochschule Fresenius München, stand Mitte April das Thema „Barrierefreier Tourismus“ im Zentrum. Was darunter zu verstehen ist und warum die Tourismusforschung im Allgemeinen ernster genommen werden sollte, darauf ging sie in ihrem kurzweiligen Referat ein.

Als Tourismusforscherin habe man es auf interdisziplinären wissenschaftlichen Konferenzen nicht immer leicht, eröffnet Prof. Dr. Victoria Eichhorn mit einer Anekdote ihren Vortrag: „Wenn ich mich dort beim Small Talk unter Kollegen als Vertreterin des Forschungsfeldes Tourismus zu erkennen gebe, wird darauf meist mit betretenem Schweigen reagiert. Danach stellt man mir dann die Frage, ob ich nicht vielleicht ein paar gute Urlaubstipps geben könnte.“

Dass man die Tourismusforschung ernster nehmen sollte, dafür plädiert Eichhorn – das wird in ihrer rund 20-minütigen Antrittsvorlesung am Nachmittag des 14. April ziemlich deutlich. Zwar, so gibt sie in ihrem Vortrag zu, sei es unzweifelhaft, dass sich die Tourismusforschung theoretisch und methodisch zum Beispiel bei der Soziologie oder der Psychologie bediene und sich deswegen den Vorwurf der Disziplinlosigkeit gefallen lassen müsse – „aber diese Vielfalt kann doch auch eine Chance sein!“

Dieses Motto hat die die promovierte Touristikerin auch während ihrer bisherigen wissenschaftlichen Laufbahn beherzigt: Sie hat in den vergangenen Jahren in größtenteils EU-geförderten Projekten im Bereich „Barrierefreier Tourismus“ geforscht und dabei sowohl qualitative als auch quantitative Methoden eingesetzt. In den Untersuchungen ging es unter anderem darum, die räumliche und soziale Dimension der Diskriminierung behinderter Menschen im Tourismuswesen genauer zu dokumentieren.

Vor allem die soziale Dimension der Diskriminierung macht Behinderten zu schaffen

„Zum einen wurde bezüglich der räumlichen Dimension in meinen Forschungen deutlich, wie oft bestimmte Örtlichkeiten in Urlaubsgebieten für Körperbehinderte kaum oder gar nicht zugänglich sind. Das, was behinderten Menschen aber viel mehr zu schaffen macht, sind die sozialen Diskriminierungserscheinungen: Ausgrenzende Blicke von nicht sensibilisiertem Personal oder schlichtweg die Unfähigkeit, die Bedürfnisse beeinträchtigter Menschen befriedigen zu können“, erklärt Eichhorn.

Gerade die durch soziale Diskriminierung hervorgerufenen Probleme habe die Tourismusindustrie bislang noch nicht wirklich auf dem Schirm. „Hier gibt es auf jeden Fall Verbesserungsbedarf. Die Tourismusforschung kann hier helfen: Indem sie herausfindet, wo Bedarf vorhanden ist und Handlungsempfehlungen gibt“, so Eichhorn.

Touristiker sollten sich ihrer Meinung nach neben wirtschaftlichen oder infrastrukturellen Themen eben auch mit solchen Themen beschäftigen. „Eine kritischere Haltung gegenüber den Vorgängen im Tourismusbereich tut hier sicherlich gut“, findet sie.

Vielleicht wird dann in der Vorstellungsrunde auch irgendwann das betretene Schweigen ausbleiben.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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