Gesundheit, Therapie und Soziales

Wirtschaft und Management

„Wenn niemand Medikamente verordnen kann, kann auch niemand Medikamente kaufen“

von Redaktion, am 16.07.2015

Die ländliche Gesundheitsversorgung ist seit Jahren das Sorgenkind im deutschen Gesundheitssystem. Während die Politik aber viele der Probleme erkannt hat und an ihrer Beseitigung arbeitet, verschließt sie beim Thema Arzneimittelversorgung die Augen. Dabei reiche ein Blick zu den Nachbarn, sagt Prof. Dr. Andreas Beivers, Studiendekan Management und Ökonomie im Gesundheitswesen an der Hochschule Fresenius München. Die Schweizer und Österreicher machten vor, wie man auch die ländliche Bevölkerung angemessen mit Medikamenten versorgt.

Wer in Deutschland in ländlichen Regionen lebt, hat in Bezug auf die Gesundheitsversorgung immer noch Nachteile: Die Anzahl der verfügbaren Ärzte ist verhältnismäßig geringer, das nächste Krankenhaus meist weiter entfernt. Die Politik versucht hier seit einigen Jahren gegenzusteuern. Welche Maßnahmen wurden bislang umgesetzt?

Hier wurde einiges getan, das stimmt. Um die Zahl der Ärzte auf dem Land zu erhöhen, hat die Regierung im Jahr 2012 das Versorgungsstrukturgesetz verabschiedet, im Volksmund auch als „Landarztverschickungsgesetz“ bekannt. Mit Honorarzuschlägen oder der Abschaffung der Residenzpflicht hat man vor allem jüngere Ärzte aufs Land gelockt. Mit dem Versorgungsstärkungsgesetz, das im Juni dieses Jahres in Kraft trat, ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung gemacht worden. Das Krankenhausstrukturgesetz soll darüber hinaus die ländliche Krankenhausversorgung sicherstellen. Allerdings bleiben viele Probleme, zum Beispiel in Bezug auf die Arzneimittelversorgung.

Was bereitet in diesem Zusammenhang Sorgen?

Eine Apotheke in Regionen zu betreiben, in den nur wenige Ärzte vorhanden sind, lohnt sich kaum noch. Wenn niemand Medikamente verordnen kann, kann schließlich auch niemand Medikamente kaufen. Probleme, einen Nachfolger zu finden, haben also nicht nur aus dem Beruf scheidende Landärzte, sondern auch Landapotheker. Die Folge: Immer mehr Apotheken in ländlichen Gegenden schließen. Warum hier noch keine Lösungsansätze entwickelt wurden, ist mir unklar.

Wie könnten diese Ansätze aussehen?

Ein Blick zu unseren Nachbarn könnte hilfreich sein: In Österreich und der Schweiz begegnet man diesem Thema mit einer stellenweisen Aufhebung des Dispensierverbotes. Das heißt, Ärzte dürfen im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen in bestimmten Fällen Arzneimittel direkt an Patienten aushändigen. Außerdem findet die Medikamentenabgabe dort verstärkt über Internetapotheken statt. Ob das auch für Deutschland ein gangbarer und aus Qualitätsaspekten gewünschter Weg wäre, muss man natürlich mit den Apothekerverbänden abklären.

Außerdem gilt es, auch die Möglichkeiten der Telemedizin nutzen. Apotheker können durch ihre Beratung einen Patienten ja häufig schon so weit aufklären und versorgen, dass ihm auch ohne Arztbesuch geholfen ist. Ist der Apotheker nicht mehr vor Ort, dann muss er eben via Skype oder andere Programme konsultierbar sein. Hier sollte der Gesetzgeber entsprechende telemedizinische Bemühungen der Apotheker incentivieren.

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Redaktion
Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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