Gesundheit, Therapie und Soziales

Russisches Rauschtrinken

von Redaktion, am 01.09.2016

Übermäßiger Alkoholkonsum kann schwerwiegende gesundheitliche Schäden nach sich ziehen – und sogar zum Tod führen. Gerade in Russland ist die alkoholbedingte Mortalität vergleichsweise hoch. Trotz umfassender Bemühungen der russischen Regierung hat man dieses Problem noch nicht in den Griff bekommen, weiß der Gesundheitsökonom Prof. Dr. Philipp Walther.

S utra wypil – wes den swoboden“ (zu Deutsch: „Morgens betrunken hast du den ganzen Tag frei“) ist nur eines der vielen russischen Sprichwörter, die sich mit dem Thema Alkohol befassen. In internationalen Ländervergleichsstudien, die den Pro-Kopf-Alkoholverbrauch innerhalb eines Jahres messen, taucht Russland regelmäßig weit oben in der Rangliste auf: Wissenschaftler und die World Health Organisation (WHO) schätzen den Pro-Kopf-Konsum dort auf jährlich 15 bis 19 Liter reinen Alkohol. Zum Vergleich: in Deutschland sind es lediglich knapp elf Liter.

„Der Alkoholkonsum ist tief in der russischen Kultur verankert“, weiß Prof. Dr. Philipp Walther, Studiengangsleiter Management und Ökonomie im Gesundheitswesen an der Hochschule Fresenius Hamburg. „In den Medien, in der Politik, im privaten und beruflichen Alltag – überall gehört Alkohol dazu, insbesondere natürlich Wodka.“ In einem Artikel, der Anfang des Jahres 2016 in der Fachzeitschrift „Russland-Analysen“ erschienen ist, hat sich Walther mit dem Alkoholkonsum in dem an Europa angrenzenden Land auseinandergesetzt. Die Inhalte des Artikels waren nun auch Thema seiner Antrittsvorlesung, die er Mitte August an der Hochschule Fresenius Hamburg abgehalten hat.

„Seit meinem ersten Aufenthalt in Russland habe ich mich für das Thema interessiert, vor allem wegen seiner gesundheitsökonomischen und gesundheitspolitischen Relevanz“, verrät Walther, der vor seiner Anstellung an der Hochschule Fresenius für ein internationales Planungsunternehmen gearbeitet und Gesundheitsimmobilien auf russischen Boden betreut hat. „Die gesundheitlichen Schäden, die in Folge des überdurchschnittlichen Alkoholkonsums auftreten, sind natürlich enorm: Man schätzt, dass aktuell 30 bis 40 Prozent aller Todesfälle in Russland mit alkoholbedingten Krankheiten in Zusammenhang stehen. In Deutschland liegt dieser Wert nur bei etwa zehn Prozent“, erklärt der Gesundheitsökonom.

Episodisches Rauschtrinken ist vermutlich für die erhöhte alkoholbedingte Mortalität verantwortlich

Alleine durch den vergleichsweise höheren Pro-Kopf-Alkoholverbrauch der Russen lasse sich dieser Unterschied aber nicht erklären. „Die Gründe für die derart hohe alkoholbedingte Mortalität sind vielmehr im besonderen Trinkverhalten der Russen zu suchen. In Russland ist episodisches Rauschtrinken sehr weit verbreitet. Das heißt, man trinkt dort zwar seltener, aber, wenn man trinkt, dann eben exzessiver und vor allem sehr viel Hochprozentiges. Dazu kommt, dass viele dieser episodischen Trinker auch ganz generell einen sehr ungesunden Lebensstil pflegen“, führt Walther aus.

Die russische Regierung hat das Alkoholproblem in der Gesellschaft bereits seit einigen Jahren erkannt. Mit umfassenden Programmen hat man sowohl versucht, den Pro-Kopf-Alkoholverbrauch zu senken als auch das Trinkverhalten zu verändern. „Gerade die Maßnahmen zur Senkung des Pro-Kopf-Alkoholkonsums – zum Beispiel die Erhöhung der Steuern auf alkoholische Getränke, das Alkoholverkaufsverbot zwischen 23 Uhr und 8 Uhr morgens oder das Alkoholkonsumverbot auf öffentlichen Plätzen – haben durchaus Wirkung gezeigt. Bei der alkoholbedingten Mortalität war man dagegen weniger erfolgreich“, berichtet Walther. Hier müsse man nun mit einem Feinkonzept nachlegen. Dann dürften Sprichwörter, wie das eingangs zitierte, bald auch weniger gebräuchlich sein.

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Die adhibeo-Redaktion veröffentlicht regelmäßig Artikel zu verschiedensten Themen der Angewandten Wissenschaften, die an der Hochschule Fresenius stattfinden.

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